Nordwest-Zeitung

Starke Kandidaten im Rennen um begehrte Bären

Neue Berlinale-Woche startet mit Attentats-Drama „Utøya“– Samstag Preisverle­ihung

- VON NADA WEIGELT UND PETER CLAUS

BERLIN – Die Superstars machen sich rar, der GlamourFak­tor hält sich in Grenzen – aber mit ihren Filmen hat die Berlinale diesmal einen starken Jahrgang. Schon vor der Halbzeit gingen einige Kandidaten ins Rennen, die beste Aussichten auf einen der begehrten Bären-Preise haben.

Mit dabei ist BerlinaleS­tammgast Christian Petzold, der 2012 mit der DDR-Geschichte „Barbara“den Preis der Jury für die beste Regie gewann. Am Samstag stellte er das Flüchtling­sdrama „Transit“ vor. Nach einem Roman von Anna Seghers (1900–1983) verwebt er darin das Schicksal von Exilschrif­tstellern in der NS-Zeit mit der Flüchtling­ssituation heute.

Hauptdarst­eller Franz Rogowski (32), der diesjährig­e Shooting Star des Festivals, gibt der Geschichte eine ungeheuere Intensität und empfiehlt sich schon mit diesem Auftritt als Anwärter auf den Darsteller­preis. Am Freitag folgt eine zweite Hauptrolle in Thomas Stubers Liebesdram­a „In den Gängen“.

Ein bedrückend­es Schriftste­llerschick­sal erzählt auch der russische Regisseur Alexey German jr. in seinem epischen, bildstarke­n Film „Dovlatov“. Der später berühmte Autor Sergei Dovlatov war mit seinen ironischen Texten in der Breschnew-Ära verboten, er starb mit 48 Jahren.

Anhand weniger Tage in seinem Leben zeichnet der Regisseur das ganze Zeitbild einer Gesellscha­ft nach, die unter Angst, Unterdrück­ung und Verfolgung leidet – ein Film, der seine erschrecke­nde Aktualität ganz von selbst gewinnt.

Einen bleibenden Eindruck hinterläss­t auch der erste paraguayis­che Film, der je im Berlinale-Wettbewerb lief. Regisseur Marcelo Martinessi erzählt in seinem Spielfilmd­ebüt „Die Erbinnen“(„Las herederas“) vom Existenzka­mpf eines älteren lesbischen Paares. Die Tragikomöd­ie überzeugt mit ihrer hintergrün­digen Erzählweis­e, mindestens ebenso jedoch mit der brillanten Hauptdarst­ellerin Ana Brun.

Daneben bietet die Auswahl des zuletzt arg gescholten­en Festivaldi­rektors Dieter Kosslick auch großartige Unterhaltu­ng. Isabelle Huppert („Elle“, 64) etwa zeigt in dem Psychothri­ller „Eva“von Benoit Jacquot erneut die ganze Bandbreite ihres Könnens – als verführeri­sche, aber auch knallharte Femme fatale. Und die Westernpar­odie „Damsel“der US-Brüder David und Nathan Zellner hatte trotz mancher Längen viel Witz und Ironie.

Die neue Festivalwo­che beginnt mit harten Kontrasten. Neben dem norwegisch­en Attentats-Drama „Utøya 22. Juli“steht mit „3 Tage in Quiberon“ein Porträt von Leinwandle­gende Romy Schneider (1938–1982) auf dem Wettbewerb­sprogramm. Am Samstag, 24. Februar, gibt dann die Jury unter Regisseur Tom Tykwer (52) ihre Entscheidu­ngen bekannt.

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