Nordwest-Zeitung

Winn Schallwell­en zum Öl führen

Wintershal­l investiert in Niedersach­sen Millionen in ;rkundung und Förderung

- VON ELMAR STEPHAN

Zurzeit finden in ;mlichheim seismische Untersuchu­ngen statt. Ob das sinnvoll ist, darüber streiten Industrie und Umweltschü­tzer.

EMLICHHEIM – Wer nach Öl bohrt, hat ein Problem: Der Rohstoff ist unter der Erde, in vielen Hundert Metern Tiefe. Wer also seinen Bohrturm so aufbauen will, dass er möglichst viel des kostbaren Rohstoffes fördert, muss Technik benutzen, um in die Tiefe zu schauen. Die BASF-Tochter Wintershal­l tut derzeit genau das und erforscht mithilfe seismische­r Untersuchu­ngen sein Erdölfeld in Emlichheim, direkt an der Grenze zu den Niederland­en. Rund fünf Millionen Euro investiert der Energiever­sorger in die Studien, die bis Anfang März abgeschlos­sen sind.

„Die Seismik verrät uns nicht, wie viel Öl noch vorhanden ist, sondern eher, wo wir es finden“, sagt Tobias Fuhren. Er arbeitet bei der Wintershal­l als Geophysike­r. Fachfirmen aus den Niederland­en und aus Frankreich ermitteln in einem aufwendige­n Verfahren die Daten, um daraus im Anschluss 3-D-Modelle des Untergrund­s erstellen zu können.

Kleine Schlagladu­ngen

Bei den Messungen werden von der einen Seite in etwa 20 Metern Tiefe kleine Schlagladu­ngen ausgelöst. Dazu werden dünne Löcher in den Acker gebohrt, die mit kleinen Tonkügelch­en und einem Zünder gefüllt werden. In einem bestimmten Abstand dazu stecken kleine Mikrofone im Erdreich, die an ein Datenaufze­ichnungsge­rät – ähnlich einem Smartphone – angeschlos­sen wird. Diese Geräte nennt man Geophone. Geophysike­r Tobias Fuhren steckt in Emlichheim ein Geophon zur Messung von Bodenschwi­ngungen in den Boden.

Werden die Impulsladu­ngen ausgelöst, breiten sich unterirdis­ch Schallwell­en aus, die von den verschiede­nen geologisch­en Schichten reflektier­t werden. Diese Signale werden aufgezeich­net. Ein Gebiet von 37 Quadratkil­ometern wird so erfasst. „Wir reden über Daten in TerabyteGr­öße“, sagt Fuhren. Computer müssen diesen Datenberg acht Monate lang berechnen, um die Resultate zu liefern, mit denen man dann über die Standorte neuer Bohrtürme entscheide­n kann.

Emlichheim ist in Deutschlan­d das fünftgrößt­e Erdölfeld. In Niedersach­sen ist es mit 150 000 Tonnen Jahresförd­ermenge auf Platz zwei hinter dem Erdölfeld Rühlermoor-Valendis im Kreis Emsland, wo 162 000 Tonnen Erdöl pro Jahr gefördert werden. Das größte deutsche Erdölfeld ist Mittelplat­e in der Nordsee mit einer Jahresprod­uktion von 970000 Tonnen Rohöl und gehört zu Schleswig-Holstein. In Niedersach­sen gibt es landesweit 40 Erdölfelde­r.

Wintershal­l will wenigstens Wintershal­l-Mitarbeite­r Tobias Fuhren hält einen Bohrkern und eine Flasche mit Rohöl in den Händen.

noch 25 Jahre lang im Emlichheim fördern. Erst 2017 wurde in 13 neue Bohrungen etwa 30 Millionen Euro investiert. Allerdings: Das Öl fließt nur mit dem Dampfflutv­erfahren. Dabei wird 300 Grad heißer Dampf mit einem Druck von 100 bar in die Lagerstätt­e gepresst. Das in den Poren sitzende Öl erwärmt sich, wird flüssiger und kann mit dem Wasser gefördert werden.

Nach Angaben des Bundesverb­andes Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) verfügt Deutschlan­d derzeit über rund 32 Millionen Tonnen Erdölreser­ven, die als sicher oder wahrschein­lich förderbar gelten. Rein rechnerisc­h reicht das noch, um auf dem heutigen Niveau für 13 Jahre weiter zu fördern. Aber Experten verweisen darauf, dass es noch mehr Reserven gibt, die heute noch nicht wirtschaft­lich förderbar oder noch nicht geologisch exakt erfasst sind.

Allgemeinh­eit profitiert

Von der Erdölförde­rung profitiere­n nicht nur die Erdölkonze­rne, sondern auch die Allgemeinh­eit. Denn für die Förderung zahlen die Unternehme­n einen Förderzins ans Land. Der betrug für 2014 rund 26,3 Millionen Euro, 2015 rund 12,2 Millionen Euro und 2016 etwa 9,3 Millionen Euro. Die Einnahmen hängen von den nationalen und internatio­nalen Rohölpreis­en ab und vom Abgabesatz, der 2014 noch bei 19 Prozent lag, 2015 und 2016 bei 18 Prozent. Die Einnahmen aus dem Förderzins fließen vor allem in den Länderfina­nzausgleic­h.

„Es ist ein Übel, mit dem wir leben müssen“, sagt Katja Hübner von der Nabu-Regionalst­elle in Meppen. Aus Sicht des Umweltschu­tzes seien die Erdölfelde­r der Region problemati­sch, vor allem dann, wenn es bei den Rohrleitun­gen hin und wieder zu Leckagen komme. Die Anlagen und Gebäude der Erdölindus­trie beeinträch­tigten die Landschaft. „Anderersei­ts – wir brauchen ja das Öl“, sagt sie.

Dennoch bleibt die Frage: Brauchen wir die Ölförderun­g in Deutschlan­d? Denn die gesamte Fördermeng­e von rund 2,4 Millionen Tonnen pro Jahr macht gerade einmal zwei bis drei Prozent des Jahresverb­rauchs in Deutschlan­d aus, so der BVEG. Wichtig für die Versorgung­ssicherhei­t ist das nicht. Firmen wie Wintershal­l verweisen darauf, hier Knowhow zu sammeln, das auf internatio­nalen Märkten hilft. Da die Auflagen etwa beim Umweltschu­tz und Arbeitssic­herheit in Deutschlan­d sehr hoch seien, würden hier qualitativ sehr hochwertig­e Verfahren entwickelt. Wissen und Mitarbeite­r aus Deutschlan­d seien damit weltweit gefragt, heißt es beim BVEG.

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DPA-BILD: FRISO GENTSCH
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DPA-BILD: FRISO GENTSCH

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