Gefahr für Obdachlose
Bahnhofsmission warnt vor Minusgraden – Menschen auf der Straße ansprechen
Die Temperaturen sinken weit unter Null – eine große Gefahr für die, die auf der Straße leben. Kai Niemann von der Bahnhofsmission sagt, wie Bürger helfen können.............
Winter und Kälte bedeuten für die meisten Menschen kalte Füße und laufende Nasen. Für Obdachlose wie D. können sie den Tod bringen.
OLDENBURG – Schneeflocken treiben durch die Straßen der Innenstadt, Menschen eilen von Geschäft zu Geschäft, die Nasen in ihren Schals vergraben, Mützen auf dem Kopf. Es ist kalt, minus ein Grad Celsius. Aber einige Menschen können nicht ins Warme – sie leben auf der Straße. Das ist vor allem im Winter und während der Grippewelle hart.
D. ist einer von ihnen. Seit vielen Jahren trinkt er zu viel. Bahnhofsmissionsmitarbeiter Kai Niemann erzählt von ihm. D. kommt jeden Tag zur Bahnhofsmission. Dort bekommt er einen heißen Kaffee und blättert in der Tageszeitung. Er kann sich von den Nächten draußen erholen, in die Notunterkunft möchte er nicht. „Aber als er heute morgen nicht zu uns kam, haben wir uns Sorgen gemacht“, sagt Niemann. Also ging heute nicht D. zur Bahnhofsmission, sondern die Bahnhofsmission kam zu D. Ihm geht es schlecht, er hat Fieber und laufen kann er nicht gut. Aber das Krankenhaus kommt für ihn nicht in Frage.
„Das ist ein großes Problem“, sagt Niemann. Er und andere Mitarbeiter, wie eine Krankenschwester aus dem Tagesaufenthalt der Diakonie, schauen regelmäßig nach D. Hoffentlich kann er die Hilfe annehmen, wenn er merkt, wie besorgt alle sind, hofft die Bahnhofsmission. „Wir appellieren an die Leute, dass sie die Einrichtungen, die es gibt, auch wirklich nutzen“, sagt
Niemann. Das sind zum einen die Bahnhofsmission, die Werktags von 9 bis 17 Uhr geöffnet ist, zum anderen aber auch die Tagesunterkunft der Diakonie in der Ehnernstraße. Sie ist unter der Woche von 9 bis 16.30 Uhr geöffnet. Wenn es – so wie gerade – besonders kalt ist, öffnen sie auch außerhalb der regulären Zeiten. „Letzten Samstag hatten wir bereits geöffnet und falls es wieder so kalt ist, werden wir auch da sein“, sagt Niemann. Der Tagesaufenthalt hatte vergangenen Sonntag geöffnet und wird das laut einem Mitarbeiter je nach Wetterlage diesen Sonntag auch wieder sein. Ab 17 Uhr ist dann die Notunterkunft am Sandweg 28 für die Wohnungsund
Obdachlosen zuständig.
Dort können sie im Warmen übernachten. Es ist laut
Niemann auch noch Platz vorhanden. Bis zu 40 Personen können dort in der Nacht untergebracht werden – sogar Familien wird im Notfall eine Unterkunft bereitgestellt. Auch für Obdachlose mit Haustieren gibt es mittlerweile eine Lösung – im vergangenen Jahr konnten sie nirgendwo unterkommen. Am Sandweg gibt es nun vier Betten für Personen mit Hund, teilt Stadt-Pressesprecherin Juliane Goldbeck mit.
Für die Notunterkunft gibt es Übernachtungsscheine. Diese können die Hilfesuchenden während der Öffnungszeiten beim Fachdienst für Sicherheit und Ordnung abholen (Montags bis Mittwochs von 8 bis 15.30 Uhr, Donnerstags von 8 bis 18 Uhr und Freitags von 8 bis 12 Uhr). Außerhalb der Öffnungszeiten gibt der zentrale Außendienst oder auch die Polizei die Übernachtungsscheine aus. Erklärt Fachdienstleiter Christian Aster.
Neben der Bahnhofsmission, dem Tagesaufenthalt und der Notunterkunft bieten die Johanniter Hilfe mit ihrem Kältebus. „Wir sind seit November Freitags von 18 bis 21 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz und geben dort heiße Getränke, Suppen und auch Jacken aus“, erklärt Anja Schlottke von den Johannitern. Was aktuell fehle, seien Handschuhe. Während der aktuellen Kälteperiode habe der Kältebus auch den Samstag mit dazugenommen, berichtet Schlottke. Ehrenamtliche Helfer würden auch dann von 14 bis circa 17 Uhr vor Ort sein, um etwas Warmes zu verteilen.
Kai Niemann telefoniert in der Bahnhofsmission noch einmal in Sachen D. Der Bevölkerung rät er bei diesen Temperaturen, Obdachlose immer anzusprechen. Denn bei minus acht Grad helfe auch der Schlafsack nicht mehr – insbesondere, wenn die Person in ihm alkoholisiert ist. „Diese Kälte ist tödlich“, warnt Niemann. Falls die Person nicht reagiert, müsste sofort ein Rettungswagen gerufen werden. „Wenn die Person noch ansprechbar ist, sollte über die Hilfeeinrichtungen informiert werden – und natürlich sollte man fragen, ob derjenige etwas brauche, und sei es nur ein Kaffee“, sagt Niemann. Er wünsche sich mehr Achtsamkeit. Mehr Verständnis. Draußen vor dem Bahnhof zeigt das Thermometer immer noch minus ein Grad. Es fällt kein Schnee mehr, aber ein eisiger Wind fegt durch die Stadt.