Nordwest-Zeitung

Bitte keine Vision

- VON ALEXANDER WILL

Der französisc­he Präsident Emmanuel Macron hat eine Vision. Er möchte die Europäisch­e Union so weit wie möglich zentralisi­eren – vor allem ökonomisch und finanziell, aber auch militärisc­h und politisch. Das kann man wollen oder nicht. Eine wachsende Anzahl von Mitgliedst­aaten will es nicht, und das lässt hoffen, dass eine Wende weg vom Zentralism­us noch möglich ist.

Nach den osteuropäi­schen Staaten der Visegrad-Gruppe haben nun acht nordeuropä­ische Länder ihren Zweifel an immer weiter gehender Integratio­n angemeldet. Während Ost sich gegen die Zumutungen des einen EU-Hegemons, nämlich Deutschlan­ds, in der Asylfrage wehrt, geht Nord gegen die Finanzplän­e des anderen, nämlich Frankreich­s, auf die Barrikaden. Nord hat erkannt, dass Macrons Ideen für ein gemeinsame­s Budget, einen EU-Finanzmini­ster und einen europäisch­en Währungsfo­nds nichts anderes sind, als die endgültige Zementieru­ng der Schuldenun­ion. Die aber funktionie­rt nach der Formel: der Norden zahlt, der Süden – inklusive Frankreich – kassiert.

In ganz Europa haben bei zurücklieg­enden Wahlen eurokritis­che Parteien gewonnen. Es stünde dem EU-Establishm­ent als wohl an, diese Stimmung in seine politische Kalkulatio­n einzubezie­hen. Die entspreche­nde Variante hat die Kommission selbst in ihrem White Paper vom März 2017 aufgeschri­eben: „Nur der gemeinsame Markt“. Wer aber Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen, sagte einst der große Realpoliti­ker Helmut Schmidt.

@ Den Autor erreichen Sie unter Will@infoautor.de

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