Bitte keine Vision
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat eine Vision. Er möchte die Europäische Union so weit wie möglich zentralisieren – vor allem ökonomisch und finanziell, aber auch militärisch und politisch. Das kann man wollen oder nicht. Eine wachsende Anzahl von Mitgliedstaaten will es nicht, und das lässt hoffen, dass eine Wende weg vom Zentralismus noch möglich ist.
Nach den osteuropäischen Staaten der Visegrad-Gruppe haben nun acht nordeuropäische Länder ihren Zweifel an immer weiter gehender Integration angemeldet. Während Ost sich gegen die Zumutungen des einen EU-Hegemons, nämlich Deutschlands, in der Asylfrage wehrt, geht Nord gegen die Finanzpläne des anderen, nämlich Frankreichs, auf die Barrikaden. Nord hat erkannt, dass Macrons Ideen für ein gemeinsames Budget, einen EU-Finanzminister und einen europäischen Währungsfonds nichts anderes sind, als die endgültige Zementierung der Schuldenunion. Die aber funktioniert nach der Formel: der Norden zahlt, der Süden – inklusive Frankreich – kassiert.
In ganz Europa haben bei zurückliegenden Wahlen eurokritische Parteien gewonnen. Es stünde dem EU-Establishment als wohl an, diese Stimmung in seine politische Kalkulation einzubeziehen. Die entsprechende Variante hat die Kommission selbst in ihrem White Paper vom März 2017 aufgeschrieben: „Nur der gemeinsame Markt“. Wer aber Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen, sagte einst der große Realpolitiker Helmut Schmidt.
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