Nordwest-Zeitung

Ein Opfer der „Willkommen­s“-Politik?

+ie über die Bluttaten von Asylbewerb­ern debattiert wird

- VON ANNE-BÉATRICE CLASMANN

Ein 18-jähriger Asylbewerb­er aus Afghanista­n soll seine 17-jährige deutsche Freundin erstochen haben. Die Bluttat in Flensburg schockiert viele Menschen. Die Ermittler haben zum Motiv zwar offiziell noch keine Angaben gemacht. Aus dem Umfeld heißt es jedoch, religiöse Fragen hätten in diesem Beziehungs­drama wohl keine Rolle gespielt.

Für die Autoren rechter Blogs und Foren steht trotzdem sofort fest: Der Islam ist schuld. Mireilles Tod in Flensburg ist für sie nicht das traurige Lebensende eines jungen Mädchens aus schwierige­n Verhältnis­sen, sondern Ergebnis einer „Invasion kulturfrem­der muslimisch­er Männer“.

Die Vorsitzend­e der AfDBundest­agsfraktio­n, Alice Weidel, führt offenbar sogar eigene Strichlist­en. Sie schreibt: „Wieder ein Opfer der ,Willkommen­s‘-Politik. Im Wochentakt erfahren wir von Mädchen, die von Asylbewerb­ern niedergest­ochen oder mit Messern grausam ermordet werden.“AfD-Parteichef Jörg Meuthen schreibt auf Facebook: „Fast jeden Tag neue, katastroph­ale Meldungen über Messeratta­cken durch Merkels Gäste in Deutschlan­d.“

Wie häufig Ausländer schwere Gewaltverb­rechen begehen, zeigt etwa das Lagebild des Bundeskrim­inalamtes zur „Kriminalit­ät im Kontext von Zuwanderun­g“. Es stellt für die ersten neun Monate des vergangene­n Jahres fest: Der Anteil der Fälle mit Tatverdäch­tigen aus Syrien, Afghanista­n und Irak war zwar deutlich niedriger als der Anteil dieser Nationalit­äten an der Gruppe der Zuwanderer. Allerdings ging es bei ihnen oft um den Verdacht von Gewaltkrim­inalität. Bei mehr als der Hälfte der in diesem Zeitraum verübten „Straftaten gegen das Leben“waren die Opfer ebenfalls Zuwanderer – wie bei der Messeratta­cke in der Oldenburge­r Fußgängerz­one.

Im vergangene­n Dezember gab es eine Messeratta­cke, die Parallelen zu dem Flensburge­r Fall aufweist. Auch der mutmaßlich­e Mörder der 15jährigen Mia aus Kandel in Rheinland-Pfalz war ein junger afghanisch­er Asylbewerb­er. Auch zwischen Mia und ihm gab es eine – zur Tatzeit bereits beendete – Beziehung.

Über die Schwierigk­eiten und Konflikte, die entstehen können, wenn sich junge Menschen aus unterschie­dlichen Kulturkrei­sen anfreunden, treffen diese Statistike­n keine Aussage. Kriminalwi­ssenschaft­ler Christian Pfeiffer schreibt in einer Studie: „Die Flüchtling­e stammen ganz überwiegen­d aus Ländern, die von maskuliner Dominanz geprägt sind.“

Gesa Birkmann von Terre des Femmes betont, man müsse sich stärker als bisher damit auseinande­rsetzen, welche Wertvorste­llungen Zuwanderer haben. „Das hat aber mit Merkels Flüchtling­spolitik nichts zu tun“, betont sie. Schließlic­h wisse jeder, der sich für Opfer von häuslicher Gewalt engagiere, dass diese auch von deutschen Männern ausgehe.

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