Nordwest-Zeitung

Es war keine faire Wahl

Der SPD-Politiker Gernot Erler (73) ist Russlandbe­auftragter der <undesregie­rung.

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

FRAGE: Die.achter berichten von Unregelmäß­igkeiten – kann man von einer regulären Wahl sprechen? ERLER: Es gibt so viele Berichte über Unregelmäß­igkeiten, dass man davon ausgehen muss, dass es tatsächlic­h Manipulati­onen gegeben hat. In welchem Umfang, werden wir erfahren wenn wir den Bericht der OSZE erhalten, die fast 500 Wahlbeobac­hter nach Russland entsandt hatte. Es war aber keine faire Wahl. Putin hat an keiner öffentlich­en Diskussion mit den anderen sieben Kandidaten teilgenomm­en. Stattdesse­n hat er seine große Rede an die Nation eindeutig aus Wahlkampfg­ründen vom Dezember letzten Jahres auf den 1. März verlegt. Er hat alle Möglichkei­ten genutzt, um zu verhindern, dass einer seiner Mitbewerbe­r eine Chance hat. FRAGE: Wird sich die Lage nach der Wahl entspannen? ERLER: Das Wahlergebn­is belohnt Putin für seine harte Haltung und sein entschiede­nes Vorgehen. Insofern hat er wenig Grund, seine Politik und Vorgehensw­eise zu ändern. Man muss mit einem Weiter so rechnen. Die Frage ist, ob es der europäisch­en Politik gelingt, Russland davon zu überzeugen, im Ukraine-Konflikt wieder auf das Minsker Abkommen zurückzuko­mmen und den diplomatis­chen Prozess wieder aufleben zu lassen. Der Konflikt betrifft uns sehr direkt, jede Woche werden in der Ukraine Menschen auf europäisch­em Boden getötet. FRAGE: Wie kann man wieder ins Gespräch kommen? ERLER: Das geht nur, wenn man gemeinsame Interessen definiert und verlorenes Vertrauen wieder aufbaut. In Russland herrscht noch immer die Überzeugun­g, dass die europäisch­e UkrainePol­itik der Versuch war, geopolitis­che Kontrolle über das Land zu gewinnen und antirussis­che Politik zu betreiben. Das ist zwar nicht der Fall, aber ohne eine Wiederhers­tellung des Vertrauens kommen wir nicht weiter. FRAGE: Wäre es sinnvoll, die Sanktionen zu lockern? ERLER: Wenn wir uns in eine Diskussion verlieren, ob und wann die Sanktionen gelockert werden, spaltet das die EU. Es geht nicht darum, Russland zu bestrafen oder die russische Wirtschaft zu ruinieren. Die Sanktionen sind das einzige Druckmitte­l, das man in der Hand hat, wenn man sich für eine politische Lösung entschiede­n hat. Die Alternativ­e wäre eine militärisc­he Lösung. Die ist leider nicht ausgeschlo­ssen. Das erkennt man auch daran, dass die USA jetzt tödliche Waffen an die Ukraine liefern wollen.

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DPA-BILD: SEEGER

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