Es war keine faire Wahl
Der SPD-Politiker Gernot Erler (73) ist Russlandbeauftragter der <undesregierung.
FRAGE: Die.achter berichten von Unregelmäßigkeiten – kann man von einer regulären Wahl sprechen? ERLER: Es gibt so viele Berichte über Unregelmäßigkeiten, dass man davon ausgehen muss, dass es tatsächlich Manipulationen gegeben hat. In welchem Umfang, werden wir erfahren wenn wir den Bericht der OSZE erhalten, die fast 500 Wahlbeobachter nach Russland entsandt hatte. Es war aber keine faire Wahl. Putin hat an keiner öffentlichen Diskussion mit den anderen sieben Kandidaten teilgenommen. Stattdessen hat er seine große Rede an die Nation eindeutig aus Wahlkampfgründen vom Dezember letzten Jahres auf den 1. März verlegt. Er hat alle Möglichkeiten genutzt, um zu verhindern, dass einer seiner Mitbewerber eine Chance hat. FRAGE: Wird sich die Lage nach der Wahl entspannen? ERLER: Das Wahlergebnis belohnt Putin für seine harte Haltung und sein entschiedenes Vorgehen. Insofern hat er wenig Grund, seine Politik und Vorgehensweise zu ändern. Man muss mit einem Weiter so rechnen. Die Frage ist, ob es der europäischen Politik gelingt, Russland davon zu überzeugen, im Ukraine-Konflikt wieder auf das Minsker Abkommen zurückzukommen und den diplomatischen Prozess wieder aufleben zu lassen. Der Konflikt betrifft uns sehr direkt, jede Woche werden in der Ukraine Menschen auf europäischem Boden getötet. FRAGE: Wie kann man wieder ins Gespräch kommen? ERLER: Das geht nur, wenn man gemeinsame Interessen definiert und verlorenes Vertrauen wieder aufbaut. In Russland herrscht noch immer die Überzeugung, dass die europäische UkrainePolitik der Versuch war, geopolitische Kontrolle über das Land zu gewinnen und antirussische Politik zu betreiben. Das ist zwar nicht der Fall, aber ohne eine Wiederherstellung des Vertrauens kommen wir nicht weiter. FRAGE: Wäre es sinnvoll, die Sanktionen zu lockern? ERLER: Wenn wir uns in eine Diskussion verlieren, ob und wann die Sanktionen gelockert werden, spaltet das die EU. Es geht nicht darum, Russland zu bestrafen oder die russische Wirtschaft zu ruinieren. Die Sanktionen sind das einzige Druckmittel, das man in der Hand hat, wenn man sich für eine politische Lösung entschieden hat. Die Alternative wäre eine militärische Lösung. Die ist leider nicht ausgeschlossen. Das erkennt man auch daran, dass die USA jetzt tödliche Waffen an die Ukraine liefern wollen.