Quälgeist
Horst Seehofer und Jens Spahn erfüllen als Minister die Rollen, die man von ihnen erwartet hat: Beide wollen möglichst laut ihr konservatives Profil schärfen, beide nutzen dafür vor allem Grundsatzdebatten. Inhaltlich ist dabei bislang noch nicht viel rumgekommen.
Doch während der Populist Seehofer sich vor allem mit pauschalen Urteilen und Law-and-Order-Fantasien zumindest einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung andient, eckt Spießbürger Spahn mit zuverlässiger Regelmäßigkeit an. Seine Äußerungen über Abtreibungen waren vollkommen an der Sache vorbei. Seine abgehobenen Anmerkungen zu Hartz IV und zur Zweiklassenbehandlung beim Arzt offenbaren eindrücklich: Spahn ist vollkommen realitätsfern. Er verkörpert zuverlässig das Bild des abgehobenen Berufspolitikers.
Die einzige, die sich in der Union über sein Auftreten freuen könnte, ist Angela Merkel. Die Bundeskanzlerin hatte ihren parteiinternen Quälgeist eigentlich in die Kabinettsdisziplin einpferchen wollen. Dass er sich trotzdem permanent lautstark zu Wort meldet, wird sie ob seiner Fettnäpfchen-Treffsicherheit zumindest persönlich verschmerzen können.
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