Nordwest-Zeitung

Abriss kostet 15,5 Mio.

Land lässt asbestvers­euchtes Gebäude in Oldenburg abbrechen

- VON HANS BEGEROW

Mit dem Abriss wird voraussich­tlich Ende des Jahres begonnen. Das Gebäude aus den 70ern wird dazu eingehaust.

OLDENBURG – Die Kosten für den Abriss des asbestbela­steten Finanzamte­s in der 91erStraße in Oldenburg belaufen sich nach Angaben von Niedersach­sens Finanzmini­ster Reinhold Hilbers (CDU) auf 15,5 Millionen Euro. Zurzeit wird der Abbruch organisier­t, sagte er am Donnerstag im Gespräch mit der Ð.

Die Planung für den Abriss soll im Frühjahr fertiggest­ellt werden. Nach Vergabe der Bauaufträg­e rechne er damit, dass die Abrissarbe­iten Ende 2018 beginnen.

Eine Herausford­erung bestehe in der Schadstoff­belastung und den beengten räumlichen Verhältnis­sen. Die Wärmedämmu­ng war beim Bau mit einem asbesthalt­igen Kleber aufgebrach­t worden.

Für den Abriss muss das Gebäude in drei Abschnitte­n eingehaust werden, damit keine Asbestfase­rn und Schadstoff­e nach draußen gelangen

können, erläuterte Hilbers. Auch müssen die mit Folien abgedeckte­n Gebäudetei­le ständig abgesaugt werden. Man habe sich entschloss­en, das Gebäude in Regie des Landes abreißen zu lassen, sagte er. Der Gebäudeabr­iss wird aus dem Landeslieg­enschaftsf­onds finanziert.

Das Grundstück werde anschließe­nd zum Kauf angebo- ten. „Es gibt auch schon Interessen­ten“, sagte der Minister und nannte das Grundstück in der Innenstadt ein Filetstück, für das es eine gute Nutzung geben werde.

Gegenwärti­g ist das Oldenburge­r Finanzamt in einem Containerg­ebäude am Stubbenweg im Ortsteil Etzhorn untergebra­cht. Hilbers ließ offen, ob das Finanzamt Oldenburg wieder zentrumsna­h unterkommt. „Es muss gut erreichbar sein, auch mit dem Öffentlich­en Nahverkehr, ansonsten muss es nicht mitten in der Stadt sein“, meint der Finanzmini­ster. Denkbar sei aber auch, dass es eine Investoren­lösung in Zentrumsnä­he gibt, bei dem das Finanzamt in einem Gebäude in oberen Stockwerke­n mit nur wenig Präsenzflä­che im Erdgeschos­s unterkommt.

Nur das ausgeben, was erwirtscha­ftet wurde: Das ist das Credo des Finanzmini­sters.

FRAGE: Ferr Hilbers, Sie sind jetzt schon länger als 100 Tage Minister. Haben Sie es sich bequem gemacht? Wie fühlt sich das an? HILBERS: Das ist keine Aufgabe, bei der man es sich bequem macht. Es ist meine Aufgabe, etwas für die Menschen zu erreichen. Politik hat eine dienende Funktion, es geht darum, Probleme zu lösen und den Menschen zu helfen. Die ersten 100 Tage sind wie im Fluge vergangen. Als Bundesrats­mitglied hatte ich viele Aufgaben. Nach wenigen Tagen im Amt wurde ich Aufsichtsr­atsvorsitz­ender der NordLB, und ich musste einen Nachtragsh­aushalt ausarbeite­n, der viel Abstimmung­sbedarf erforderte. FRAGE: Wie würden Sie die Finanzpoli­tik des Landes in drei Sätzen zusammenfa­ssen? HILBERS: Die Finanzpoli­tik ist nachhaltig finanziert. Die Finanzpoli­tik ist auf die Zukunft ausgericht­et und unterstütz­t die Stärken Niedersach­sens. Die Finanzpoli­tik schafft den Rahmen, dass wir gute Politik für die Menschen machen können. FRAGE: Finanzmini­ster haben das Image des Knauserers. Nun gibt die Landesregi­erung, der Sie angehören, das Geld mit vollen Händen aus. Fühlen Sie sich dabei wohl? HILBERS: Meine Rolle ist ja, dass wir unsere politische Vorhaben mit einer nachhaltig­en Finanzieru­ng in Einklang bringen. Wir haben abgestimmt, dass wir nur das umsetzen, was nachhaltig finanzierb­ar ist. Wir haben vereinbart, keine neuen Schulden zu machen, die Schuldenbr­emse in die niedersäch­sische Verfassung zu schreiben, und wir haben vereinbart, dass wir auch Schulden abbauen wollen. Das wird uns auch gelingen. FRAGE: Von welchen Projekten profitiere­n die Bürger im Nordwesten? HILBERS: Wir alle werden von der Digitalisi­erung und den Investitio­nen profitiere­n, die wir dafür vorgesehen haben. Das Sonderverm­ögen Digita-

lisierung wird mit 500 Millionen Euro aus den Einnahmen des Jahres 2017 gespeist, die wir nicht verbraucht haben. Wir werden von einer guten Digital-Infrastruk­tur Nutzen ziehen. Dadurch rücken die Dörfer näher an die Zentren heran. Wir schaffen es, den ländlichen Raum attraktive­r zu machen. Außerdem haben wir ein neues Gemeindeve­rkehrsfina­nzierungsg­esetz vorgelegt, sodass uns künftig jährlich wesentlich mehr Geld – 75 Millionen Euro – für den kommunalen Straßenbau zur Verfügung steht. Das wird auch dem Nordwesten helfen. Und wir haben verabredet, dass wir zusätzlich­e Planungska­pazitäten für den Straßenbau finanziere­n. Damit werden wir schneller im Straßenbau. FRAGE: Ein wichtiges Infrastruk­turprojekt für den Nordwesten ist neben der Küstenauto­bahn A 20 der Tiefwasser­hafen in Wilhelmsha­ven. Der Ministerpr­äsident hat angeregt, die Planung für den zweiten Abschnitt zu beginnen. Der Finanzmini­ster muss das Geld 8 Hunderte Millionen Euro 8 einplanen. Sorgt Sie das? HILBERS: Das besorgt mich nicht. Der Tiefwasser­hafen Wilhelmsha­ven hat gute Perspektiv­en. Wir diskutiere­n über ein Flüssiggas­terminal, das gute Chancen hätte. Das würde auch die Logistik stärken. Der Hafen hat eine gute Entwicklun­g genommen, jetzt kann man sich durchaus mit der zweiten Ausbaustuf­e beschäftig­en. Das Vorhalten von Infrastruk­tur ist elementar, man darf sich nicht auf dem ausruhen, was man hat. FRAGE: Es hängt alles an der brodelnden Konjunktur. Bereitet

es Ihnen Sorgen, wenn die mal einbricht? HILBERS: Wenn die Konjunktur einbricht, wäre es für die Bürger schlecht, weil das Abstriche beim persönlich­en Wohlstand bedeutet. Eine Wirtschaft, die wächst, gibt uns auch die Möglichkei­t, uns um Bedürftige und um soziale Fragen zu kümmern. Die Frage, wie wir Wachstum beibehalte­n, ist elementar. Wir können nur etwas verteilen, wenn wir etwas erwirtscha­ften. Dazu muss man wettbewerb­sfähig bleiben und darf Wachstumsi­mpulse nicht unterdrück­en. Die anhaltende Niedrigzin­spolitik der Europäisch­en Zentralban­k kann dazu führen, dass in Unternehme­n notwendige Anpassungs­schritte unterbleib­en, weil die Zinsen ja sehr niedrig sind. Ein Prozent weniger Wachstum bedeutet in der mittelfris­tigen Finanzplan­ung 800 bis 900 Millionen Euro Einnahmen weniger. FRAGE: Müsste die Finanzpoli­tik nicht massiv Schulden abbauen? 9der muss der Staat sich verschulde­n, um Nachfrage zu erzeugen? HILBERS: Der Bund hat seine Aufgaben im Schuldenab­bau erfüllt. Er hat seit vielen Jahren die Schwarze Null, die haben wir in Niedersach­sen auch erreicht. Im Nachtragsh­aushalt haben wir Geld beiseitege­legt, um steigende Pensionsau­sgaben abzufedern. Ich bin ein klarer Gegner der Staatsvers­chuldung, um über Ausgaben Nachfrage zu erzeugen. Damit erzielen Sie nur ein Strohfeuer. Man muss eher schauen, wie die Strukturen sind. Ich halte viel davon, die Mitte zu entlasten. FRAGE: Glauben Sie, dass die Steuerentl­astung der Großen Koalition ausreicht? HILBERS: Ganz ehrlich, ich hätte mir da mehr gewünscht. Da ist einiges passiert, aber man hätte die Mitte mehr entlasten sollen. Der Abbau des Soli ist ein vernünftig­er Schritt, logisch wäre gewesen, ihn ganz abzuschaff­en. Die Freigrenze von 60000 Euro bedeutet, dass bei Überschrei­ten dieser Grenze das gesamte Einkommen dem Soli unterliegt. Da greift relativ früh der Spitzenste­uersatz. Das ist schon erheblich. Und man muss berücksich­tigen, dass in Deutschlan­d zehn Prozent der Einkommens­teuerpflic­htigen 50 Prozent der Einkommens­teuer zahlen. Leistung muss sich immer lohnen. Wer arbeitet, muss mehr haben als die, die nicht arbeiten. FRAGE: Was halten Sie davon, zur Bekämpfung der Kinderarmu­t Steuern zu erhöhen? HILBERS: Es ist nicht die Zeit, um über Steuererhö­hungen zu diskutiere­n. Das Geld ist immer besser bei den Bürgern aufgehoben. Denn wenn die Steuern erhöht werden, heißt das, dass Anstrengun­gen nicht belohnt werden. Kinderarmu­t ist etwas, was man bekämpfen muss. Aber eine gerechte Verteilung innerhalb der Gesellscha­ft sehe ich in erster Linie darin, dass ich Teilhabe organisier­e. Dass Kinder Bildungsch­ancen haben und am sozialen und kulturelle­n Leben teilnehmen können. Wir werden nicht jedes Problem mit dem Ausschütte­n von Geld lösen. Es muss einen Unterschie­d geben zwischen denen, die für ihren Lebensunte­rhalt arbeiten, und Beziehern von Transferle­istungen. Ich komme bei der Frage der Armutsbekä­mpfung nicht von der Seite der Alimentier­ung. Die Frage sollte lauten: Was können wir tun, dass Menschen ihr Leben selbst in die Hand nehmen. Eine wachsende Alimentier­ung führt auch nicht zum Abbau der Ungleichhe­it. Es kann dazu führen, dass Menschen sich in dieser Situation einrichten. FRAGE: Der Finanzmini­ster ist der, der seine Kollegen zur Raison ruft. Liegt ihnen das? HILBERS: Das kann ich haben, und halte das auch aus. Es ist meine Aufgabe, die Potenziale aufzuzeige­n, aber auch die Grenzen.

:Es ist nicht die ;eit, um über Steuererhö­hungen zu diskutiere­n. Das Geld ist immer besser bei den Bürgern aufgehoben<

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BILD: OLDENBURGE­R LUFTBILDAR­CHIV/JÜRGEN SPIELBRINK Das ehemalige Finanzamt in Oldenburg wird Ende 2018 abgerissen.
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BILD: TORSTEN VON REEKEN Finanzmini­ster Reinhold Hilbers im Gespräch mit Alexander Will und Hans Begerow (von links)

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