Das mitreißende Geschenkpaket aus Ungarn
6. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters im Großen Haus – Schuberts große C-Dur-Sinfonie
I:EENBL.9 Die Musik hält heikle Einstiege bereit, die früh über das Gelingen des ganzen Werkes entscheiden können. Die 1. Sinfonie von Gustav Mahler zählt dazu – und die große C-Dur-Sinfonie D 944 von Franz Schubert. Acht Takte lang breiten die beiden Hörner ihre Melodie aus. Und wenn sie so gelingt wie Christoph Sinning und Hubertus Grünewald im 6. Oldenburger Sinfoniekonzert im Großen Haus, dann richtet sich das wartende übrige Staatsorchester auf: Alles bestens, das Weitere schaffen wir!
Zu schaffen ist in dieser aktuell als „Achte” von Schubert gezählten Sinfonie ein Werk, das ein Orchester an seine Grenzen bringen kann. Man frage nur die Bratschengruppe nach den Tücken im vierten Satz oder die Oboe (hier Yumiko Kajikawa) nach ihrem Durchhaltevermögen. Doch die harte Arbeit ist höchstens zu erahnen.
Gastdirigent Domonkos Héja hält die Oldenburger zu einem kraftvollen, bis in die Posaunen hinein robusten Spiel an, bei dem feine Abstufungen nicht zu kurz kommen. Der Ungar, Generalmusikdirektor in Augsburg, motiviert mit weiten Gesten, führt aber auch mit klaren Zeichen um alle Klippen herum.
Schuberts Musik besitzt bei Héja eine griffige und expressive Kraft. Interpretatorische Bedenken deklariert er als unbegründet: Die heikle Temporelation zwischen einleitendem Andante und Allegro erscheint logisch; das solide Tempo im Finalsatz lässt Luft, hat aber große vorwärts treibende Kraft. Dass er den Schlussakkord im Forte stehen und nicht original diminuendo abklingen lässt, ist dann folgerichtig.
Star des Tages ist der in Augsburg lehrende Cellist László Fenyö. Der Ungar hat sich längst in die Weltklasse hineingespielt. Seine Darstellung des 1. Cellokonzerts EsDur op. 107 von Dmitri Schostakowitsch lässt daran nie Zweifel aufkommen. Sein Zugriff strotzt vor Kraft, da steht er in der Tradition großer Vorgänger mit großem Ton. Doch bei Fenyö machen die Umschwünge zwischen rauem und beseelt singendem Ton eine unverwechselbare Qualität aus, dazu das Changieren zwischen Stimmungen von Auflehnung und Verlassenheit. Die ironische Dimension deutet er wohltuend zurückhaltend an. Ein ganz großer Auftritt!
Ungarische Gäste kommen nicht ohne Geschenkpaket aus ihrem Land. Aus ihm packt der Dirigent die „Tänze aus Galanta” von Zoltán Kodály aus. Mitreißend hat das Staatsorchester die Folklore zum Auftakt durchs Haus wirbeln lassen.