Nordwest-Zeitung

Neutralitä­ts-Pflicht

- VON GUNARS REICHENBAC­HS

Okay, ich gebe es zu: Ich finde Tattoos hässlich. Bin ich deshalb ein Spießer? Oder darf ich auch für mich jene Toleranz in Anspruch nehmen, wie es Körperkult-Anhänger selbstvers­tändlich für sich tun?

Mich überzeugen weder ästhetisch­e noch sonstige Argumente, warum Leute zuhauf in Piercing- und TattooStud­ios laufen müssen, um sich mit Haut-Graffiti malträtier­en zu lassen. Dass Tätowierun­gen in manchen Regionen der Welt dem ethnischen oder religiösen Selbstvers­tändnis der dort lebenden Menschen entspreche­n, hat mit diesem Modetrend rein gar nichts zu tun.

Dass sich hinter Tätowierun­gen oftmals gewaltverh­errlichend­e, diskrimini­erende oder sogar Hass-Botschaf- ten gegen andere ethnische Gruppen verbergen – wenn sie nicht sogar offen gezeigt werden – macht den TattooKult nicht besser.

Warum sollte also Polizistin­nen und Polizisten erlaubt werden, sich auf sichtbaren Körperteil­en mit ihren – ganz privaten (!) – Überzeugun­gen und Vorlieben auszutoben? Polizei tritt dem Bürger als Vertreter der Staatsgewa­lt gegenüber und eben nicht als Privatmann oder -frau. Wecken Tattoos beim Gegenüber Ressentime­nts, tangieren solche Emotionen auch das Verhältnis zwischen Staatsrepr­äsentant auf der einen und Bürger auf der anderen Seite. Polizeibea­mte sind aber zunächst an erster Stelle zur Neutralitä­t verpflicht­et – auch im Erscheinun­gsbild. @ Den Autor erreichen Sie unter Reichenbac­hs@infoautor.de

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