40 Debatten mit 60 Verbänden in zweieinhalb Monaten
Wie die Generalsekretärin die Partei erneuern will – „Zuhör-Tour= endet >itte ?uli in Oldenburg
BERLIN/OLDENBURG Startschuss für die Arbeit an einem neuen Grundsatzprogramm für die CDU. Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer macht sich auf den Weg zur Basis, geht auf „ZuhörTour“, um zu erfahren, was die Mitglieder bewegt, welche Erwartungen sie haben und wo der Schuh drückt.
40 Veranstaltungen mit 60 Kreisverbänden in zweieinhalb Monaten – ein DebattenMarathon der Parteimanagerin und potenziellen Kronprinzessin von CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel. Das Programm werde von unten nach oben entwickelt, heißt es. Aus den Fragen und Beiträgen der Basis soll ein Entwurf entstehen, der in Klausurtagungen auch mit Experten im Herbst 2019 fortgeschrieben und auf einer „Antwort-Tour“schließlich vorgestellt werde. Ende 2020, knapp ein Jahr vor der Bundestagswahl, entscheidet dann der CDU-Bundesparteitag.
„Wir brauchen mehr als kosmetische Veränderungen. Es reicht nicht aus, das Programm nur um ein Kapitel zu ergänzen“, sagt Kramp-Karrenbauer. „Jeder muss bei der Arbeit am neuen Grundsatzprogramm die Möglichkeit haben, sich einzubringen.“
Die Idee für die neuen Grundsätze sei aus der Mitte der Partei gekommen, heißt es. Wer genau den Anstoß gegeben hat, ist unklar. Merkel und Kramp-Karrenbauer sollen bereits früh darüber gesprochen haben. Auch der Mitgliederbeauftragte Hennig Otte habe sich gemeldet. Und schließlich forderte der Kreisverband Bodensee neue Grundsätze. Dort in Konstanz beginnt dann auch die „Zuhör-Tour“durch alle 15 Landesverbände und das Unternehmen Erneuerung. Das Ende der „Zuhör-Tour“ist am 14. Juli in Oldenburg.
Eine schwierige Mission für die neue CDU-Generalsekretärin. Die Partei soll ein neues Grundsatzprogramm erhalten, auch wenn das aktuelle von 2007 aus den Anfängen der Ära Merkel noch bis 2027 gilt. Doch das Bekenntnis zur Wehrpflicht, die Forderung nach Laufzeitverlängerung von sichereren Kernkraftwerken oder das Leitbild der Ehe als einer Gemeinschaft von Mann und Frau in den 132 Seiten sind inzwischen auch in der CDU überholt. Und als vor gut einem Jahrzehnt das iPhone auf den Markt kam, war von den Chancen und Risiken der Digitalisierung noch kaum die Rede.
Angesichts der neuen Herausforderungen, der Debatte über Kurs und Profil in der Partei und dem Erstarken der AfD soll es jetzt eine neue Agenda mit veränderten Grundsätzen geben. Die CDU ringt um ihren Kurs. Der Ruf nach einer wirksamen Strategie gegen die AfD wird lauter. Wie weit soll die CDU nach rechts schwenken?
CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn wirbt für eine stärkere Verankerung von konservativen Themen in der CDU. Die CDU müsse wieder die gesamte Bandbreite abdecken, von Mitte bis demokratisch rechts, fordert der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann. Und die Schwesterpartei CSU erinnert angesichts der Erfolge der AfD wieder an die Maxime des früheren CSU-Chefs Franz Josef Strauß, rechts von der Union dürfe es keine demokratisch legitimierte Kraft geben. Die Union sei für die bürgerliche Mitte, aber auch für die demokratische Rechte da, heißt es.
Einen Kurswechsel der Union im Kampf um die demokratische Rechte lehnen Merkel und Kramp-Karrenbauer jedoch ab. „Wir bleiben die Partei der Mitte und werden unsere Achse nicht nach rechts verschieben“, sagt die Generalsekretärin.
Die Basis soll jetzt Impulse geben, über die neuen Grundsätze beraten, gerne auch streiten, so der Plan der Parteizentrale. „Ich will genau in die Partei hineinhorchen“, sagt Kramp-Karrenbauer. „Es geht darum, der Basis zuzuhören und zu lernen.“Schließlich müsse „die Einschätzung des Konrad-Adenauer-Hauses nicht immer deckungsgleich mit dem sein, was die Basis denkt“. Ziel sei es, die CDU in die Lage zu versetzen, bei der Bundestagswahl 2021 wieder stärkste Partei zu werden „und wieder die Kanzlerin oder den Kanzler zu stellen“, erklärt Kramp-Karrenbauer.
Und ganz nebenbei sorgen die Touren und Gespräche mit der Basis quer durch die Republik dafür, den Bekanntheitsund womöglich auch Beliebtheitsgrad der Neuen im Rennen um die MerkelNachfolge zu erhöhen.