Bayerns Polizeirecht als Vorbild geeignet?
Seehofer sieht Modell für alle Bundesländer – SPD und Grüne klagen
MÜNCHEN Anderthalb Wochen nach der Verabschiedung im Landtag tritt die umstrittene Verschärfung des bayerischen Polizeirechts an diesem Freitag in Kraft. Doch das neue Polizeiaufgabengesetz wird schon bald Verfassungsrichter beschäftigen. Sowohl die SPD als auch die Grünen im Bayerischen Landtag machten ihre Ankündigung wahr und teilten mit, vor das Bundesverfassungsgericht beziehungsweise vor den Bayerischen Verfassungsgerichtshof zu ziehen. Sie wollen das Gesetz zu Fall bringen.
Nach der Neuregelung genügt künftig schon Gefahr oder drohende Gefahr, um Überwachung und andere Maßnahmen wie DNA-Tests und Online-Durchsuchungen einzuleiten. Ein konkreter Verdacht muss nicht mehr vorliegen. Allerdings muss die Polizei die Maßnahmen in der Regel bei einem Richter beantragen, nur in Einzelfällen dürfen höhere Polizeibeamte selbst entscheiden.
Das Gesetz war noch unter Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer auf den Weg gebracht worden. Der CSU-Vorsitzende – inzwischen Bundesinnenminister – sieht es als Vorbild für die neuen Polizeiaufgabengesetze der Bundesländer.
Seehofers Nachfolger im Amt des bayerischen Ministerpräsidenten, Markus Söder (CSU), hatte das verschärfte Polizeirecht bei der abschließenden Debatte am 15. Mai vehement verteidigt: „Es wird Leben retten, es wird Menschen helfen, nicht zu Opfern zu werden.“Über die Umsetzung soll eine Kommission unter Vorsitz des angesehenen Verfassungsrechtlers Karl Huber wachen, einst Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.
Nach Überzeugung der SPD-Landeschefin Natascha Kohnen beschneidet das neue Gesetz „die Freiheit der Bürger in einer für unsere Demokratie unerträglichen Weise und begegnet ihnen mit tiefem Misstrauen“. Und weiter: „Wir verteidigen den Freistaat Bayern gegen das illiberale Gesetz der CSU.“Die Landtags-Grünen werden hingegen vorerst nur vor dem Verfassungsgericht des Freistaats klagen.
Bei Demonstrationen waren kürzlich allein in München Zehntausende gegen das schärfere Polizeirecht auf die Straße gegangen.
Bet ifft: "Stallpolizei“– Kommentar von Hans Begerow zu „NRW-Politikerin tritt zurück“, Meinung, 16. Mai
Geht es hier nicht doch eher um das Aufzeigen von Missständen in der Massentierhaltung denn um das Bloßstellen einer (Fach-)Politikerin? Da natürlich diese Betriebe offizielle Recherchen niemals zulassen werden, bleibt die „Straftat“als einziges Mittel der Berichterstattung. Was ist höher zu werten, dieser einmalige Hausfriedensbruch ohne Schäden oder die andauernde Tierquälerei? Mir stellt sich die Frage nicht! Dass es den Betrieb der Landwirtschaftsministerin „erwischt“hat, ist ein wirkungsvoller Nebeneffekt und zeigt mir die Glaubwürdigkeit so mancher Aussagen einiger Politiker!
Uwe Seifert Ovelgönne
Ihr Kommentar ist mir zu einseitig und oberflächlich. Mag es auch richtig sein, dass juristisch betrachtet das Eindringen in Ställe eine Straftat darstellt. Aber die dort häufig extrem schlecht gehaltenen Tiere haben nun mal keinen Anwalt. Und wenn selbst bei Politikern keine Einsicht vorliegt, diese Situationen nachhaltig zu verbessern, dann sind die Veröffentlichungen der Tierschutzorganisationen weiterhin die einzig probaten Mittel, für Verbesserungen zu kämpfen. Es müssen endlich nachhaltige Verbesserungen bei der Tierhaltung eintreten. Die meisten Verbraucher würden dafür definitiv höhere Fleischpreise in Kauf nehmen. Es liegt an den Politikern, den gewählten Volksvertretern, dieses auch umzusetzen.
Christian Niedrig Edewecht
Sofern eine illegale Aktion dazu beiträgt, eine Straftat aufzuklären, sollte doch immer abgewogen werden, inwieweit es dem Recht, insbesondere dem Wohle von Mensch und Tier diene. Ob Sie ebenso kommentieren würden, wenn Sie selbst betroffen wären? Ich bezweifle das, unser Strafrecht ist eh schon mehr fokussiert auf Rehabilitierung der Täter – anstatt Opfern beizustehen. Unter anderem erteilt jetzt das Oberverwaltungsgericht der Überwachungskamera im Auto grünes Licht. Ein wahrlich kluger Entschluss!
Alfred Ulferts Oldersum