Durchbruch für beitragsfreie Kitas
Land und Kommunen einig – Gültig ab August – Bei Eng9ässen :ird die Tagesmutter gezahlt
Lange gab es Streit um die Finanzierung: Jetzt sollen bis 2022 zusätzlich 328 Millionen Euro in die frühkindliche Bildung fließen.
HANNOVER Es ist eines der Vorzeigeprojekte der rotschwarzen Landesregierung: Schon ab August sollen Eltern in Niedersachsen für den Kindergarten-Besuch ihrer Töchter und Söhne keine Beiträge mehr zahlen. Über die Finanzierung des Vorhabens rang das Land lange mit den Kommunen. Nun gab es den Durchbruch.
Am späten Mittwochabend habe man sich mit den kommunalen Spitzenverbänden auf ein Gesamtpaket von zusätzlich 328 Millionen Euro bis Sommer 2022 verständigt, teilte das Kultusministerium am Donnerstag mit. Zur Entlastung der Kommunen wird es einen Härtefallfonds geben. Außerdem übernimmt das Land die Kosten für die Betreuung bei Tagesmüttern, wenn es Engpässe bei den Kita-Plätzen gibt.
In Niedersachsen sollen künftig alle drei Jahre des Kita-Besuchs kostenfrei sein. Bislang war nur das letzte Jahr vor der Einschulung gebührenfrei. Ab dem kommenden Kindergartenjahr, das im August beginnt, haben Eltern Anspruch auf acht Stunden Betreuung.
Für Betreuungszeiten, die über acht Stunden hinausgehen, dürfen die Träger auch weiterhin von den Eltern Gebühren verlangen.
Um den Wegfall der Elterngebühren zu kompensieren, hat Niedersachsen in seinem Nachtragshaushalt für das laufende Jahr 109 Millionen Euro eingeplant. Für 2019 sind 270 Millionen Euro veranschlagt.
Das Land wollte statt wie bisher 20 Prozent der Personalkosten
zunächst 55 Prozent erstatten, bis 2021 dann 58 Prozent. Unklar war aber die Frage, welche Bundesmittel zur Verfügung stehen und wie diese zwischen Land und Kommunen verteilt werden.
Bis zum Jahr 2022 sollen zusätzlich noch 328 Millionen Euro in die frühkindliche Bildung fließen. Das Geld stammt aus Bundesmitteln, die das Land in vollem Umfang an die Kommunen weiterreicht. Neu ist jetzt: Hat eine Gemeinde nicht genügend Kita-Plätze zur Verfügung, übernimmt das Land in den kommenden drei Jahren
die Gebühren für eine Tagesmutter. Dafür stehen in den kommenden Jahren 20 Millionen Euro bereit. Weitere 48 Millionen Euro fließen in den Härtefallfonds. Auf diese Mittel sollen Kommunen zurückgreifen, die wegen des Wegfalls der Elternbeiträge finanzielle Engpässe haben. Um künftige Tariferhöhungen für das Kita-Personal abzufedern, sind 115 Millionen Euro vorgesehen. Für Qualitätsverbesserungen und stundenweise mehr Personal stehen 61 Millionen Euro bereit.
Für Niedersachsen sei die Abschaffung der Kita-Gebühr ein ganz großes Vorhaben, da es die Mitte der Gesellschaft entlaste, sagte Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). Man habe einen fairen Kompromiss gefunden, bei dem das Land an seine Grenzen gegangen sei. Auch der Präsident der Niedersächsischen Städtetages, Ulrich Mägde, zeigte sich zufrieden. „Es gibt keine Verlierer, weder bei den großen Städten, noch bei den kleinen Gemeinden.“
Über die genaue Zahl der Anmeldungen haben die kommunalen und freien Kita-Träger noch keinen Überblick. Größere Sorgen als die Beitragsfreiheit macht den Trägern aber eine andere Gesetzesänderung: Eltern können demnächst selbst entscheiden, ob ihre Kinder ein Jahr später eingeschult werden – und damit ein Jahr länger im Kindergarten bleiben. „Wir hatten die Befürchtung, dass es dadurch zur Überbelegung kommt. Das ist aber nicht eingetreten“, sagt Petra Schaar, Fachberaterin bei der Kinderladen Initiative in Hannover, die 220 freien Einrichtungen mit Rat und Tat zur Seite steht. In Osnabrück dagegen wird es wegen der flexiblen Einschulung knapp. „Wir sind noch dabei zu basteln. Ziel ist es, für jedes Kind einen Platz zu sichern“, sagt Hermann Schwab, Leiter des Jugendamtes. An drei Kita-Standorten werde die Stadt für einige Monate Container aufstellen, bis eine Raumlösung gefunden sei.