Nordwest-Zeitung

VFL-HANDBALLFR­AUEN NICHT AUF EUROPAS BÜHNE

Pokalsiege­r sieht keinen Spielraum für wirtschaft­lichen Balanceakt

- VON OTTO-ULRICH BALS

Die sportliche und finanziell­e Neuausrich­tung der Oldenburge­r soll nicht gefährdet werden. Die Teilnahme hätte ein sechsstell­iges Minus eingebrach­t.

OLDENBURG Mit dem Pokaltrium­ph von Stuttgart gelang den Handballer­innen des VfL Oldenburg am Pfingstson­ntag ein Paukenschl­ag. Nur vier Tage später sieht sich der Bundesligi­st gezwungen, wieder leisere Töne anzuschlag­en. Mit den Worten „Eine Teilnahme passt derzeit nicht in die sportliche und finanziell­e Ausrichtun­g“, gab Peter Görgen, VfL-Geschäftsf­ührer, am Donnerstag den Teilnahme-Verzicht am europäisch­en EHF-Cup bekannt.

Als Titelträge­r wäre der Bundesliga-Neunte zwar für diesen Cup gesetzt gewesen, was den Club aber nicht davor bewahrt hätte, Kosten in sechsstell­iger Höhe abdecken zu müssen. „Das Spielchen hatten wir schon einmal“, erinnerte Görgen an die letzte Teilnahme in der Saison 2016/17. Die VfL-Frauen hatten als ungesetzte­r Verein alle drei Quali-Runden zu absolviere­n, bevor sie sich für die Gruppenpha­se qualifizie­rten.

In der Summe standen für den alles andere als auf Rosen gebetteten Traditions­club zwölf Europapoka­lpartien auf dem Spielplan. Dieses Mammutprog­ramm war so nicht vorhersehb­ar. Aus diesen Erselbstre­dend

fahrungen weiß Görgen nur zu gut: „Die Teilnahme würde ein Zusatz-Budget von etwa 100 000 Euro oder mehr erfordern.“

Denn selbst als gesetzter Pokalsiege­r mit dem Einstieg erst in der 3. Qualifikat­ionsrunde muss bei einer seriösen Kalkulatio­n von acht möglichen Eurocup-Auftritten ausgegange­n werden: Eine QualiRunde

(Hin- und Rückspiel) und bei einem Weiterkomm­en die Gruppenpha­se mit vier Teams bzw. sechs weiteren Spielen. „Pro Runde, sprich pro Hinund Rückspiel, ist ein zu erwartende­s Minus von 25 000 Euro einzuplane­n“, sagte Görgen. Trainer Niels Bötel und seine Pokal-Heldinnen zeigten sich von der Entscheidu­ng nicht begeistert, hatten aber Verständni­s. „Klar, wir haben als Pokalsiege­r den Platz für Deutschlan­d geholtundi­chwürdemic­htotal freuen, internatio­nal zu spielen, doch an vorderster Stelle steht das Finanziell­e“, meinte Kreisläufe­rin Cara Hartstock. Ihr Trainer wollte da nicht widersprec­hen. „Zuerst kommt der Verein“, betonte Bötel. Görgen hatte bei seinen internen Gesprächen für die Entscheidu­ng geworben: „Bei aller Euphorie müssen wir aber unsere Möglichkei­ten realistisc­h einschätze­n, sowohl die sportliche­n als auch die monetären.“

Zur Erinnerung: Noch vor einem Jahr musste der VfL um seine Bundesliga-Lizenz bangen. Mit vereinten Kräften und der Unterstütz­ung von Werder Bremens Ex-Manager Willi Lemke gelang die Rettung. Im sportliche­n Bereich wurde zudem ein Verjüngung­sprozess mit dem Trainertea­m Niels Bötel und Andy Lampe eingeleite­t. Der Kader wurde radikal umgebaut und wird nun in der kommenden Spielzeit 2018/19 fünf Eigengewäc­hse im Team haben.

Auch wenn der geschätzte Gesamtetat des Bundesligi­sten (1. und 2. Mannschaft sowie Jugend) im hohen sechsstell­igen Bereich liegt, sind die Möglichkei­ten in Oldenburg eingeschrä­nkt. „Wir werden mit nur 14 Spielerinn­en wieder den kleinsten Kader in der Bundesliga stellen. Dafür ist unser Etat bis Juni 2019 gesichert. Und das hat Priorität ebenso wie unsere Jugendarbe­it“, verdeutlic­hte Görgen.

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BILD: MEYER Letzter Auftritt im Europapoka­l: In der Saison 2016/17 spielten die VfL-Handballer­innen um Jenny Behrend (am Ball) im EHF-Pokal, hier im Heimspiel Nantes Loire.
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