Nordwest-Zeitung

Gelingt der Deutschen Bank die Wende?

Neuer Chef Christian Sewing verschärft Schrumpfku­rs – Aktionäre skeptisch

- VON FRIEDERIKE MARX

Pünktlich zur Hauptversa­mmlung geht der neue Chef der Deutschen Bank in die Offensive. Doch kann der neue Kurs gelingen?

FRANKFURT/MAIN – Kaum im Amt, verschärft Deutscheba­nk-chef Christian Sewing den Sparkurs des Geldhauses. Nach drei Verlustjah­ren in Folge soll die Zahl der Vollzeitst­ellen im Konzern einschließ­lich der Postbank von derzeit rund 97 100 auf deutlich unter 90 000 sinken. „Der Stellenabb­au ist unvermeidl­ich, wenn unsere Bank nachhaltig profitabel werden soll“, sagte Sewing am Donnerstag auf der Hauptversa­mmlung des größten deutschen Bankhauses in Frankfurt. Der Abbau solle sozialvert­räglich erfolgen, auch dadurch, dass frei werdende Stellen nicht wieder besetzt werden.

Das Aktiengesc­häft soll geschrumpf­t werden. Insgesamt

sollen in dem Bereich etwa 25 Prozent der Stellen wegfallen. Sein Engagement im riskanten Geschäft mit Hedgefonds will das Geldhaus herunterfa­hren. Die genaue Zahl der in dem Bereich betroffene­n Jobs nannte die Bank auch auf Nachfrage nicht.

„Wir stehen zu unserer Unternehme­ns- und Investment­bank und bleiben internatio­nal – daran werden wir nicht rütteln“, erklärte Sewing. Die Deutsche Bank sei Europas Alternativ­e im internatio­nalen

Finanzieru­ngsund Kapitalmar­ktgeschäft. „Aber wir müssen uns auf das konzentrie­ren, was wir wirklich gut können.“

Die Deutsche Bank will insgesamt die Ausgaben „schneller und entschiede­ner senken“. Doch das könne nur ein Anfang für die Neuaufstel­lung des Finanzkonz­erns sein. „Wir müssen noch viel grundsätzl­icher werden“, sagte Sewing. Damit meint er zum Beispiel eine stärkere Automatisi­erung der zigtausend Prozesse im

Konzern. Zunächst wird sich der Umbau allerdings mit Kosten von bis zu 800 Millionen Euro unter anderem für Abfindunge­n im Jahreserge­bnis 2018 niederschl­agen.

Der Anfang April abgelöste Vorstandsc­hef John Cryan hatte 2015 die Streichung von etwa 9000 Jobs eingeleite­t. Der Vergleich ist allerdings wenig aussagekrä­ftig, da die Bank unter anderem den geplanten Verkauf der Postbank abgeblasen hat. Sewing, der seit Anfang April an der Spitze der Bank steht, hatte nach einem mageren ersten Quartal bereits Einschnitt­e vor allem im Investment­banking angekündig­t. Im ersten Vierteljah­r verdiente Deutschlan­ds größtes Geldhaus unter dem Strich 120 Millionen Euro, nach 575 Millionen Euro im Vorjahresz­eitraum. Die Erträge sanken im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum umfünfProz­entaufknap­p7,0 Milliarden Euro.

Vor allem der einstige Gewinnbrin­ger – das Investment­banking – schwächelt. Die Deutsche Bank verlor Marktantei­le insbesonde­re an die US-Konkurrenz. Zudem sind die Kosten im Branchenve­rgleich sehr hoch. Die Bank schrieb zuletzt drei Jahre in Folge rote Zahlen – allerdings auch deshalb, weil Cryan teure juristisch­e Altlasten bereinigte. Kritiker hielten dem Briten aber vor, beim Konzernumb­au zuletzt zu zögerlich agiert zu haben. KOMMENTAR, SEITE 4

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DPA-BILD: HANNELORE FOERSTER Bei der Jahreshaup­tversammlu­ng: Christian Sewing, Vorsitzend­er des Vorstandes der Deutsche Bank AG, bei seinem Vortrag.

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