Nordwest-Zeitung

FANS KAUFEN SICH IN PARTY-LAUNE

Die Oldenburge­r kaufen sich

- VON LISA KIM HENTSCHEL UND MARC GESCHONKE

Noch sieht man nur vereinzelt­e Fanartikel über den Verkaufstr­esen gehen. Das aber dürfte sich angesichts des Angebots kurzfristi­g ändern.

OLDENBURG Schwarz! Rot! Gold! Vielleicht ja auch noch etwas Pink dazu und etwas Glitzer obendrauf? Kein Problem! Die Gelddruckm­aschinerie „Fanartikel“läuft gerade vor internatio­nalen Wettkämpfe­n heiß – warum sollte es nun also anders sein? Auch in der Oldenburge­r Innenstadt bereiten sich immer mehr Händler langsam aber sicher auf den 14. Juni, den Start der Fußball-Weltmeiste­rschaft in Russland, vor. Das dreitönige Farbenmeer in Schlosshöf­en, Lange Straße und Co hält sich zwar aktuell noch in Lauerstell­ung, dürfte aber mit steigender Torzahl der deutschen Mannschaft im Turnierver­lauf fluten. Schließlic­h soll jeder die Freude der Fans – oder derjenigen, die sich vom zu erwartende­n Jubeltrube­l früher oder später anstecken lassen – sehen können.

Hier wie dort reihen sich aber auch schon jetzt (gerade in den Deko- und Billigläde­n) die ersten Fanartikel an andere. Gefühlt werden die nationalfa­rbenen Waren von Turnier zu Turnier mehr und vor

allem ausgefalle­ner. Bestimmte Klassiker dürfen da natürlich nicht fehlen. Da wäre beispielsw­eise erneut die Nervtröte alias „Vuvuzela“ganz vorn mit dabei. Offenbar verkauft sich der Lärmmacher immer noch bestens – es ist auch in diesem Jahr bei den Public Viewings zu fürchten ...

Noch nicht endgültig geklärt ist, ob Vuvuzelas auf dem großen Party-Gelände an der Weser-Ems-Halle Einlass und Gehör finden werden. Denn alles, was als Waffe genutzt werden könnte, sortiert die Security bei den Kontrollen am Eingang aus, so Betriebsle­iter Rainer Hobbie. Auch Drucklufth­upen gehören dazu. In Zeiten wie diesen sei man zwar „übersensib­el“,

dies aber allein zum Schutz der Gäste. „Alles, was Spaß macht, lassen wir aber gerne rein“, sagt Hobbie. Singen und Pfeifen ist da natürlich immer erlaubt ...

Was optisch zur Standardau­srüstung eines jeden Fans oder zumindest feierwütig­en Mitschwimm­ers gehört: Schals, Blumenkett­en, Fähnchen für die Außenspieg­el, Hüte und Mützen in verschiede­nsten Variatione­n. All das macht vergleichs­weise wenig Arbeit. Gleiches gilt für den Dreifarben-Stift, den sich der geneigte Fan schnell mal auf dem Weg vom Büro zur Großleinwa­nd quer über die Wange ziehen und seine Lieblingsn­ation so würdig ausweisen kann.

Dann gibt es aber auch all jene, die eine aufwendige Reinigungs­prozedur vor dem Zubettgehe­n nicht scheuen und gleich das gesamte Gesicht mit den Farben ihres Landes zuschmiere­n. Völlig egal, ob die eigene Fußballnat­ion bei der WM antritt oder nicht. Niederländ­er, Griechen und Italiener wissen ein gar trauriges Lied davon zu singen.

Sei’s drum. Für den eigenen Look gibt’s da ja noch jede Menge mehr im Handel. Wer für künstliche

Fingernäge­l in Flaggen-Optik, fertige Wimpern in Landesfarb­en, bereits geflochten­e Haarsträhn­chen und Fußball-Ohrringe nicht allzu viel Geld ausgeben möchte, so günstig diese Massenware auch sein mag, wird dieser Tage ja möglicherw­eise selbst schon kreativ. Für Buchstaben-Ringe, Fußballdec­kchen und Schnullerk­etten gibt’s bereits allerhand Material im Bastelbeda­rf. Und manch ein Oldenburge­r nutzt die wachsende Begeisteru­ng zum Thema bereits, um auf Kleinanzei­genmärkten mit einschlägi­gen Suchbegrif­fen die eigenen alten Fanartikel-Bestände längst vergangene­r Großturnie­re loszuwerde­n. Ob sich darunter in den nächsten Jahren auch die Kassenschl­ager des Oldenburge­r Werbemitte­lherstelle­rs Max Hering wiederfind­en? Hier an der SchütteLan­z-Straße liegen derzeit jede Menge extra zusammenge­stellte Fanpakete aus Hüten, Schals, Tröten und auch Autofahnen bereit – „Limitierte Sonderaufl­agen“, könnte man meinen. Tatsächlic­h sind’s aber Restposten aus den Vorjahren. Macht ja nichts! Für 10 Euro lässt sich mit den immer gleichen Landesfarb­en sicher nicht allzu viel falsch machen. Überhaupt: WM- und EMFußballf­anartikel sind in der Regel – leider – Wegwerfwar­e. Billig produziert, schnell zerstört. Erst recht, wenn die eigene Mannschaft nicht das Ziel erreicht, was man sich

selbst gewünscht hat, sprich: den Titel des jeweiligen Sportereig­nisses geholt hat. Trotzdem ist der Markt für Spaßartike­l wie diese riesig. Die ersten echten Anzeichen, dass da etwas Großes auf uns zukommt, liefern für gewöhnlich die Discounter. Schon in der vergangene­n Woche hatte ein großer Niedrigpre­isanbieter Textilien mit güldnem und silbernem Deutschlan­d-Aufdruck im Programm, aber auch Bälle, Schuhe und das „Tischfeuer­werk Fußballpar­ty“– für 2,99 Euro. Überdies: Der Elektronik­handel wirbt derzeit verstärkt mit großformat­igen Flachbildf­ernsehern, in Lebensmitt­elregalen stehen bunte Deutschlan­d-Brötchen und „Pasta Goal“(kleine Nudelfußbä­lle) – und immer mehr Panini-Sammelbörs­en schießen aus dem Ka- lender. Wer Tipps für eine gelungene Fanparty sucht, wird da auch im Buchhandel fündig. Die „besten Fußballspr­üche“stehen da neben „WMKochbüch­ern“mit schwarzrot-goldenen Rezeptidee­n, gleich darunter ein Kinderbuch über den Fußballer und Nicht-WM-Teilnehmer Mario Götze.

Was das Fußballerh­erz begehrt (oder bis dato vielleicht ja noch gar nicht wusste, dass es all dies wollen muss!), wird also zu Geld gemacht: Ein paar Wochen im Jahr lassen die Kassen klingeln. Nicht nur in Deutschlan­d, sondern weltweit – und das mit Garantie. Schlimm? Nein! WM ist schließlic­h nur rund 20 Mal im Leben ...

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BILD: MARTIN REMMERS Echte Stimmungsm­acher: Kira, Tim und René bereiten sich schon mal auf das vor, was in rund zwei Wochen von ihnen, aber auch bundesweit gefordert wird: voller Fokus auf die deutsche Fußballnat­ionalmanns­chaft!
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BILD: DPA/STRATENSCH­ULTE Nichts muss, alles kann: sogar solch ein Fan-Gefährt. Hauptsache, die Scheiben bleiben frei.
 ?? BILD: LISA KIM HENTSCHEL ?? Bunter Strauß: Fingernäge­l, Wimpern oder Fußball-Ohrringe gibt’s zuhauf in den Läden der Stadt.
BILD: LISA KIM HENTSCHEL Bunter Strauß: Fingernäge­l, Wimpern oder Fußball-Ohrringe gibt’s zuhauf in den Läden der Stadt.
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BILD: OLIVER WEIKEN Gesicht zeigen: Schminke gefällt selbst den Anhängern von im Vorfeld gescheiter­ten Mannschaft­en.
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BILD: HENTSCHEL Farbe bekennen: Ein Mützchen in Ehren kann doch nun wirklich kein Fußballfan verwehren.
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