Abgabe auf Plastikblödsinn
Warum es uns so schwer fällt, das Müllproblem zu lösen
Also ich trenne meinen Müll. Inzwischen gibt es bei uns im Haushalt mehr Müllboxen als auf dem Wertstoffhof. Ins Meer habe ich in 48 Jahren noch kein Plastik geworfen. Eventuell habe ich einmal als Kind mein Förmchen am Strand vergessen, das geschah aber unabsichtlich – und ich hoffe natürlich, dass meine Mutter es doch noch aufgehoben hat und ich es bei den nächsten Strandtagen nutzen konnte.
Um mein Spielzeug geht es aber gar nicht. Es geht, hier zitiere ich die Europäische Kommission, um Wattestäbchen, Besteck, Teller, Trinkhalme, Rührstäbchen und Luftballonstäbe aus Kunststoff. Die EU-Kommission will diese bestimmten Plastikprodukte verbieten, um Umwelt und Meere besser zu schützen.
Ich fange mal mit möglichen Lösungen an und beschreibe dann das Problem: Erstens: Weniger Plastikblödsinn produzieren. Zweitens: Plastikprodukte müssen länger genutzt werden. Drittens: Mehr recyceln. Wir Deutschen sind zwar schon Europameister im Recyceln (Wiederverwerten ist eigentlich das schönere Wort), aber europaweit höhere Recyclingquoten zu erreichen, würde da schon etwas bewegen. Von weltweiten Quoten wage ich an dieser Stelle noch gar nicht zu sprechen. Viertens: Förderung von nachhaltigen Produkten. Ein Beispiel: Ein pfiffiger Unternehmer stellt Golfbälle aus gepresstem Fischfutter her, die sich im Wasser auflösen. Wieso das Ganze? Weil Touristen auf Kreuzfahrtschiffen
gerne den Abschlag üben. Über den Sinn des Oberdeck-Abschlags philosophiere ich jetzt nicht. Bevor ein weiterer Einspruch kommt: Wie viel Energie verwendet werden muss, um aus Fischfutter einen Golfball zu machen, weiß ich auch nicht.
Womit wir schon bei den Problemen sind. Wir trinken natürlich weiter aus Plastikröhrchen. Dass Ohrenstäbchen und Plastikgabeln plötzlich am Pranger stehen, ist einer europäischen Symbolpolitik geschuldet. Jeder kennt die Bilder vermüllter Paradiesstrände und trauriger Meeresschildkröten mit Plastikgalgen um ihren Hälsen. Wir müssen aber längst nicht mehr in die Karibik schauen. Auf der Düneninsel Mellum (östlich von Wangerooge) wird schon lange keine Flaschenpost mehr angespült. 80 Prozent des Treibgutes sind aus Plastik. Was für Umweltfrevler leben dort eigentlich? Mellum ist unbewohnt! Ups.
Obwohl wir das Problem also vor der Haustür haben
und nicht mehr bis zur Koralleninsel fliegen (!) müssen, ändert sich unser Verhalten nicht. Nebenbei: Gehen Sie doch einmal bei schönem Grillwetter in einen öffentlichen Park. Da müssen sie für die Sicht auf Müllberge nicht einmal nach Mellum schippern.
Wir müssten also doch alle ausreichend sensibilisiert sein. Warum aber funktioniert die Müllvermeidung nicht?
Zum einen, weil sich viele Deutsche nicht gerne bevormunden lassen, schon gar nicht vom Staat. Was ich mit meinem Trinkhalm mache, ist meine Sache. Und: So groß ist so ein Trinkhalm ja auch nicht. Nö, Mikroplastik aber auch nicht. Trotzdem möchte ich es nicht in meiner Blutbahn haben.
Blöd ist dabei nur, dass wir ohne einen lenkenden Prozess knietief im Plastikmüll versinken werden. Blöd ist auch, dass die EU nun dem Ohrenstab den Garaus macht, gleichzeitig aber den Händlern aus Hygienegründen vorschreibt, wie so manches Naturprodukt verpackt sein muss, damit es in den Handel kommen kann.
Merken Sie etwas? Wir sind noch nicht einmal bei der Klimaerwärmung und dem Insektensterben. Deshalb: Wir brauchen für die Umwelt ein Maßnahmenbündel und zwar sofort.
Ja, der aktuelle Anti-Einweggeschirr-EU-Katalog kann ein Anfang sein. Bevor er nun zwischen den Lobbyisten zerredet wird, sollte er umgesetzt werden. Also jetzt handeln. Wer sagt denn, dass umweltschädliche Produkte billig sein müssen? Preis rauf.
Dann müssen Verbote und Gesetze her. Beim FCKW und der Pfandpflicht für PET-Flaschen hat das nachweislich geholfen. Warum nicht auch eine Plastikabgabe, wenn diese Einnahmen zielgerichtet für die Entwicklung neuer Umwelttechnologien und für Aufklärungskampagnen eingesetzt werden.
Was spricht dagegen, mit einer europaweiten Plastikabgabe auch die nötige Infrastruktur für das Sammeln und Verarbeiten von Müll in Schwellen- und Entwicklungsländern zu unterstützen? Diese Kampagne darf übrigens auch bis nach Asien strahlen. Denn wenn wir von Meer und Plastikmüll reden, müssen auch die Hauptverursacher genannt werden.
Das darf uns Deutsche aber nicht daran hindern, weiterhin Müll zu trennen und Plastikblödsinn zu vermeiden.