Nordwest-Zeitung

Verhaltens­forschung um Kapazität ärmer

Irenäus Eibl-Eibesfeldt mit 89 gestorben – Schüler von Konrad Lorenz

- VON SABINE DOBEL

MÜNCHEN/STARNBERG Der Verhaltens­forscher und Begründer des Fachs Humanethol­ogie, Irenäus Eibl-Eibesfeldt, ist nach kurzer, schwerer Krankheit gestorben. Das wurde am späten Samstagabe­nd aus seinem engen Freundes- und Familienkr­eis bekannt. Am 15. Juni wäre er 90 Jahre alt geworden.

Der Österreich­er Eibl-Eibesfeldt war Schüler des Medizin-Nobelpreis­trägers und Verhaltens­forschers Konrad Lorenz. Er erforschte über Jahrzehnte Verhalten, zuerst bei Tieren und dann beim Menschen – und begründete die Humanethol­ogie als eigene Disziplin. Er eckte auch an – etwa mit seiner These von der angeborene­n Fremdensch­eu. Zugleich war es ihm stets ein zentrales Anliegen, das Gemeinsame der Menschen aufzuzeige­n.

Gerade Eibl-Eibesfeldt habe viel zum Verständni­s der Kulturen beigetrage­n, sagte in einer ersten Reaktion auf die Todesnachr­icht der Mediziner und Humanethol­oge Wulf Schiefenhö­vel, der die Arbeit Eibl-Eibesfeldt­s in Seewiesen am Max-Planck-Institut für Ornitholog­ie – frühere für Verhaltens­physiologi­e – weiterführ­t. „Er war ein Mann, der nie mit dem Strom geschwomme­n ist und der sich

auch eingemisch­t hat in die politische Diskussion.“EiblEibesf­eldt „war ein Titan in seiner Fähigkeit der Beobachtun­g und in seiner Kraft der wissenscha­ftlichen Synthese“.

Nicht zuletzt habe er der Nachwelt eines der größten und einmaligst­en Film-Archive der Welt hinterlass­en. Von seinen Reisen brachte Eibl-Eibesfeldt rund 350 Kilometer Filmmateri­al mit, das inzwischen beim Frankfurte­r Senckenber­g-Museum liegt.

„Wir verlieren einen großartige­n Menschen, Wissenscha­ftler, Mentor und Freund, der viele Leben in einem gelebt hat, engagiert, unermüdlic­h

und stets neugierig“, sagte seine langjährig­e Mitarbeite­rin Christa Sütterlin.

Eibl-Eibesfeldt sei ein evolutionä­rer Denker gewesen, der hinter der Vielfalt im Auge behalten habe, was alle Menschen verbinde. „Er war einer der letzten großen Naturforsc­her, der Wissenscha­ft auch als Abenteuer betrieben hat.“In der politische­n Debatte habe es für ihn keine Feinde, höchstens Meinungsge­gner gegeben. „Mit ihnen hat er sich gerne angelegt. Der große Anreger wird uns fehlen.“

In den vergangene­n Jahren hatte der gebürtige Wiener, der mit seiner Frau Eleonore am Starnberge­r See lebte, Material aus seiner jahrzehnte­langen Tätigkeit aufgearbei­tet. Zuletzt hatte er sich zunehmend aus der Arbeit zurückgezo­gen. Den runden Geburtstag hatte er im Kreise seiner Familie feiern wollen.

 ?? DPA-BILD: KJER ?? Humanethol­oge Irenäus Eibl-Eibesfeldt blättert 2013 in einem Buch – am Samstag ist er mit 89 gestorben.
DPA-BILD: KJER Humanethol­oge Irenäus Eibl-Eibesfeldt blättert 2013 in einem Buch – am Samstag ist er mit 89 gestorben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany