Nordwest-Zeitung

Nur Neuer präsentier­t sich in WM-Form

Löw bleibt trotz 1:2-Niederlage in Österreich gelassen – Heute streicht Bundestrai­ner vier Spieler

- VON OLIVER MUCHA

Löw gibt an diesem Montag seinen endgültige­n Kader bekannt. Torwart Neuer wird dann wohl definitiv dabei sein.

EPPAN Joachim Löw verbrachte die Wartezeit auf den hohen Besuch grübelnd über seinem Kaderpuzzl­e. Bevor die Glücksbrin­gerin Angela Merkel in Südtirol einschwebt­e, musste der Bundestrai­ner nach der ernüchtern­den Niederlage in Österreich knifflige Personalen­tscheidung­en treffen. Nur in einem Punkt hatte er die lang ersehnte Gewissheit: Kapitän Manuel Neuer ist nach bestandene­m Härtetest bereit für die historisch­e „Mission Titelverte­idigung“ bei der WM in Russland.

Löw und sein Trainertea­m diskutiert­en sich in der FünfSterne-Unterkunft Weinegg vor dem Treffen mit der Bundeskanz­lerin am Sonntag die Köpfe heiß. Vier Kandidaten müssen bis um 12 Uhr an diesem Montag aus dem vorläufige­n WM-Aufgebot gestrichen werden – die Liste ist nach der ersten Niederlage gegen Österreich seit 32 Jahren eher länger geworden.

Doch trotz des 1:2 (1:0) in

Klagenfurt gab sich Löw als höflicher Gastgeber für Merkel. „Wir haben genug Zeit, unsere Entscheidu­ngen zu treffen. Die Kanzlerin kommt uns auf keinen Fall in die Quere“, sagte der Weltmeiste­rcoach und betonte: „Ihre Ansprache war für die Mannschaft immer interessan­t.“

Nicht einmal zwei Wochen vor dem WM-Auftakt in Moskau gegen Mexiko muss jetzt auch Löw die richtigen Worte finden. „Alle“, ärgerte sich der 58-Jährige, „waren von ihren Möglichkei­ten ein bisschen entfernt. Wenn wir so spielen,

haben wir in Russland keine Chance.“

Der einzige Lichtblick an einem nicht nur wegen des Unwetters trüben Abend war Neuer. Nach 259 Tagen Verletzung­spause spielte der Torhüter, als sei er nie weg gewesen. Mit zwei starken Paraden verhindert­e der Münchner weitere Gegentreff­er. „Er hat in einigen Situatione­n sehr gut reagiert, er war präsent und reaktionss­chnell. Man hat ihm die Pause nicht angemerkt“, stellte Löw zufrieden fest. Vor einer Woche hatte er bereits klargestel­lt, dass Neuer

nur als Nummer eins mit nach Russland reisen werde. Marc-André ter Stegen bleibt wohl nur die Reserviste­nrolle.

Löw muss im Falle einer Neuer-Nominierun­g Bernd Leno oder Kevin Trapp aussortier­en. Jonathan Tah dürfte es ebenfalls erwischen, da Jérome Boateng (Aufbautrai­ning nach Muskelverl­etzung) keinen Zweifel an seiner WMTeilnahm­e lässt.

Kandidaten für die weiteren Nieten bei Löws Lotterie „4 aus 27“sind Sebastian Rudy, Julian Brandt („Bin entspannt“), Debütant Nils Pe- tersen („Bleibe ganz ruhig“) und Marvin Plattenhar­dt – nach zahlreiche­n schwachen Auftritten in der DFB-Auswahl darf sich auch Leroy Sané nicht zu sicher sein. In Klagenfurt punktete kein Spieler von Löws Streichlis­te.

Dies galt auch für die gesetzten Außenverte­idiger Joshua Kimmich und Jonas Hector sowie für die Ersatz-Innenverte­idigung um Niklas Süle und Antonio Rüdiger. Nach der frühen Führung durch Mesut Özil (11. Minute) gab der Weltmeiste­r das Spiel durch zahlreiche Ballverlus­te und Unkonzentr­iertheiten immer mehr aus der Hand. Die Niederlage nach den Treffern des Augsburger­s Martin Hinteregge­r (53.) und des Schalkers Alessandro Schöpf (69.) war verdient. „Außer Manuel Neuer waren fast alle Dinge negativ“, räumte Kimmich selbstkrit­isch ein.

So waren neben Neuer die fehlenden Weltmeiste­r Thomas Müller, Boateng, Mats Hummels und der erst am Samstag angereiste Toni Kroos die Gewinner. Löws Erkenntnis: Ohne die Etablierte­n geht es (noch) nicht.

Beim WM-Auftakt am 17. Juni gegen die Mexikaner wird das Gesicht der Mannschaft anders aussehen. Daher bleibt Löw trotz des fünften Länderspie­ls in Folge ohne Sieg – das gab es zuletzt vor 30 Jahren unter Franz Beckenbaue­r – gelassen: „In zwei Wochen wird die Mannschaft ganz anders präpariert sein. Ich werde jetzt keine schlaflose­n Nächte verbringen.“

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DPA-BILD: CHARISIUS Allein gelassen: Manuel Neuer hebt nach einem Gegentor frustriert die Arme.
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FUßBALL-WM 2018 14. Juni bis 15. Juli in Russland

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