Auch Kurzfassung wirkt langatmig
„Theodora“– Händels undramatisches Märtyrer-Drama
OLDENBURG Der neben Bach bedeutendste Komponist der Barock-Zeit, Georg Friedrich Händel, komponierte neben dem unsterblichen „Messias“noch zwei weitere rein christliche Oratorien: „La Resurrezione“und das Märtyrerdrama „Theodora“. Geschrieben von Thomas Morell, der auch andere Libretti für Händel verfasste, geht es thematisch um die Christenverfolgungen unter Kaiser Diokletian, der 304 auch die römische Adlige Theodora zum Opfer gefallen sein soll. Der Text ist hagiographisch, ideologisch, schwülstig – aber er ist nicht dramatisch. Das und die musikalische Unbekümmertheit, mit der Händels Musik über die zähe, wenig spannende Story schwappt, muss schon den Zeitgenossen aufgefallen sein, denn das Oratorium, im März 1750 im Königlichen Theater in Covent Garden uraufgeführt, war das, was man heute einen Flop nennen würde.
Überschaubare fünf Charaktere, bei der verdienstvollen Reanimation am Samstag in der Ansgarikirche von guten Solisten gesungen – die Sopranistin Joown Chung als Theodora, die Altistin Wiebke Lehmkuhl als Theodoras Freundin Irene, der Altus Franz Vitzthum als Thodoras Geliebter Didymus, von Händel als Kastrat vorgesehen, der Tenor Charles Daniels als dessen Freund und Offizier Septimius und die Bass-Stimme von Christian Immler als Verkörperung des Statthalters Valens, der letztlich die Todesurteile ausspricht – bemühten sich redlich, gesangliche Glanzpunkte zu setzen. An ihren Leistungen und am Barockensemble la dolcezza und schon gar nicht an der beeindruckend agierenden Ansgari-Kantorei, die immer wieder Musterbeispiele für gelungenen Chorgesang präsentierte, lag es gewiss nicht, wenn selbst die kürzest mögliche Fassung der „Theodora“unter einer gewissen Langatmigkeit litt und keine dramaturgisch-dramatische Spannung und auch kein schlagender und zwingender Gesamteindruck entstehen wollte.
Johannes von Hoff leitete die zweieinhalbstündige Aufführung abgeklärt, präzise, ja penibel, animierte die bestens einstudierte Ansgari-Kantorei zu Momenten überzeugender Chorkunst und ließ die teils sehr melodische, frische und leuchtende Musik erstrahlen. Aber auch ihm gelang es nicht, die insgesamt dünne Handlung und die fast fehlende Dramatik des Werkes zu kompensieren. Die unüberhörbaren, fast makellosen Leistungen aller Beteiligten, ein paar normale, menschliche Patzer einmal hintangestellt, erfreuten das intensiv lauschende und lang und dankbar applaudierende Auditorium.