Nordwest-Zeitung

In Spanien liegen die Nerven schon blank

Verband stellt Coach Lopetegui nach Wechsel zu Real frei – Sportchef Hierro übernimmt

- VON THOMAS H[BERLEIN

Lopetegui hatte ohne Rücksprach­e mit dem Verband in Madrid unterschri­eben. Bei den Spielern soll es eine Meuterei gegeben haben.

KRASNODAR/MOSKAU Es war ungefähr so, als habe der FC Bayern drei Tage vor dem ersten Spiel der deutschen Nationalma­nnschaft bei der WM in Russland beschlosse­n, Joachim Löw als neuen Trainer vorzustell­en. Und DFB-Präsident Reinhard Grindel habe nach einer unruhigen Nacht entschiede­n, den Bundestrai­ner zu feuern und ihn durch Oliver Bierhoff zu ersetzen.

Undenkbar? Nicht in Spanien: Nationaltr­ainer Julen Lopetegui wurde am Mittwoch von Verbandspr­äsident Luis Rubiales seines Amtes enthoben, Nachfolger ist Sportdirek­tor Fernando Hierro. Auch für Löw kam diese Nachricht „vollkommen unerwartet“, wie er am Mittwoch sagte. „Das ist natürlich ein Hammer, da gibt es unnötige Unruhe innerhalb des Verbandes und wahrschein­lich innerhalb der Mannschaft.“

Oh ja. Es ist „ein Erdbeben“, kommentier­ten die Musste Lopetegui gehen: Julen

in Spanien praktisch gleichlaut­end den in der WM-Geschichte wohl einmaligen Vorgang. Und nur zur Erinnerung: an diesem Freitag (20 Uhr/ARD) spielt Spanien in Sotschi gegen ]bernimmt für die WM: Fernando Hierro EurJLlmeis­ter Portugal.

Auslöser des Erdbebens: Real Madrid. Die Königliche­n hatten am Dienstag bar jeglichen Feingefühl­s die Verpflicht­ung von Lopetegui als Nachfolger von Zinedine ZiSportzei­tungen dane hinausposa­unt. Ein Unding, sagt der Verband. „Es ist nicht die beste Lösung, aber man darf mir nicht in den Rücken fallen. Nach allem, was passiert ist, konnten wir nicht anders handeln“, sagte Rubiales am Mittwoch. Er betonte, der Verband RFEF sei nicht in die Verhandlun­gen involviert gewesen, diese Art des Vorgehens könne er nicht dulden.

Lopetegui, der seinen Vertrag im Mai bis 2020 verlängert hatte, machte von einer Ausstiegsk­lausel Gebrauch. Real zahlt dem Verband zwei Millionen Euro Ablöse. Anstelle von Lopetegui wird Real-Legende Fernando Hierro die Mannschaft bei der WM betreuen. Der 50-jährige Andalusier war seit 2007 Sportdirek­tor des Nationalte­ams, für das er 89 Länderspie­le bestritt. Er nahm an vier WMEndrunde­n teil. In der Saison 2016/17 trainierte er den Zweitligis­ten Real Oviedo.

Im Gegensatz zu Rubiales wusste Sergio Ramos wohl Bescheid: Der Kapitän von Real und Spanien soll seinen Segen zu der Verpflicht­ung von Lopetegui gegeben haben, allerdings konnte er seinen neuen Clubtraine­r nicht vor dem Rauswurf retten. Schon bei der Ankunft im spanischen WM-Quartier am Montag in Krasnodar hatte der wütende Verbandsch­ef Lopetegui feuern wollen, auch eine MiniMeuter­ei der Spieler um Ramos stimmte ihn nicht um.

„Wir danken Julen für alles, was er getan hat“, sagte Rubiales, der 51-jährige Baske sei einer jener „großartige­n Menschen, die uns nach Russland gebracht haben“– unter Lopetegui blieben die Spanier in den vergangene­n 20 Spielen unbesiegt. Und nein, fügte der Verbandsch­ef hinzu, er fühle sich „nicht betrogen“. Nur könne er „nicht ignorieren“, dass die Gespräche über den Wechsel und auch dessen Bekanntgab­e am Verband vorbei geführt wurden.

Die Auswirkung­en auf die spanische Mannschaft könnten gleich in mehrfacher Hinsicht katastroph­al sein. Vor allem dürften die Gräben zwischen den Spielern von Real und des FC Barcelona wieder aufbrechen. Bereits die Nachricht von Lopeteguis Wechsel sei bei der Mannschaft „nicht gut angekommen – außer bei den Spielern von Real“, schrieb die Zeitung „Sport“.

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BILD: ^URI KOCHETKOV
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DPA-BILD: RODR\AUEZ
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