Nordwest-Zeitung

Klinikum Thema im Landtag

Ausschuss schockiert über Sterberate bei spezieller Krebs-OP in Oldenburg

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Das Ministeriu­m hat einen Krisenstab eingericht­et. Ursachenfo­rschung steht ganz oben.

HANNOVER/OLDENBURG Die Reaktionen schwanken zwischen Schock und Entsetzen, als das Gesundheit­sministeri­um am Donnerstag den Landtagsau­sschuss über die Sterbequot­e nach speziellen Bauchspeic­heldrüsen-Operatione­n am Klinikum Oldenburg informiert. „Erschrecke­nd“, kommentier­t der FDP-Abgeordnet­e Horst Kortlang, der zusammen mit der Grünen-Kollegin Meta Janssen-Kucz („Schockiere­nde Zahlen“) die Unterricht­ung verlangt hat. „Vorfälle wie in Oldenburg machen uns sehr

besorgt“, ergänzt Gudrun Pieper für die CDU und Thela Wernstedt (SPD), selbst Ärztin, fordert weitere Konsequenz­en nach der „Mordserie“durch den Pfleger Niels Högel und nach verschiede­nen „Skandalen“der Vergangenh­eit: „Dafür liegt die Verantwort­ung in der Führung.“

„Der Fisch stinkt immer vom Kopf her. Die Probleme kann man nicht bei den Beschäftig­ten auf den Stationen abladen“, bestätigt Ministeriu­ms-Expertin Claudia Schröder. Das Gesundheit­sministeri­um ist jedenfalls alarmiert. Formal übt Ministerin Carola Reimann (SPD) keine Rechtsaufs­icht über Niedersach­sens Krankenhäu­ser aus. Aber längst tagt in der Landeshaup­tstadt ein KrisenStab zum Klinikum Oldenburg, bestätigt Abteilungs­leiterin Schröder. Neben einem

Dauerkonta­kt zur Führung am Klinikum stehen intensive Gespräche mit der Deutschen Krebs gesellscha­ft, der Krankenhau­s gesellscha­ft und den Krankenkas­sen auf dem Terminplan.

Aufgeschre­ckt wurde das Gesundheit­sministeri­um durch Hinweise aus verschiede­nen Quellen. Das Klinikum musste eine Stellungna­hme abgeben. Das Ministeriu­m hat daneben bundesweit erhobene Daten zu Rat gezogen und diese für Niedersach­sen ausgewerte­t. Die aktuellste­n Zahlen datieren aus dem Jahr 2016. Danach wurden in 280 niedersäch­sischen Krankenhäu­sern insgesamt 1386 Bauch speicheldr­üsen operatione­n durchgefüh­rt. Die Sterbe rate lag landesweit bei 10 Prozent, im Oldenburge­r Klinikum bei 14 Prozent. Von zehn OP-Varianten gelten zwei als besonders schwierig. Die Sterberate­n: 21,6 Prozent in Oldenburg, 10 Prozent allgemein, 8 Prozent in Krebszentr­en und weniger als ein Prozent in der Göttinger UniKlinik. Laut Gesundheit­sministeri­um wurden in Oldenburg „falsche Angaben gemacht“, um die Zertifizie­rung durch die Krebsgesel­lschaft zu erhalten. Mittlerwei­le wurde die Zertifizie­rung für Bauchspeic­heldrüsen-OP und für Darmkrebs aufgehoben, erläutert das Ministeriu­m.

Der Sozialauss­chuss lässt sich in den nächsten Monaten über sämtliche Aufklärung­sschritte und alle Konsequenz­en informiere­n. Ein einmaliger Vorgang. Bei der Aufklärung „stehen wir erst am Anfang“, sagt Janssen-Kucz.

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ARCHIVBILD: OLIVER PERKUHN Im Fokus: die Sterbequot­e bei Bauchspeic­heldrüsen-Operatione­n am Klinikum Oldenburg

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