Nordwest-Zeitung

Der Tod hat in seiner Familie Tradition

Michael Fritz Hartmann ist Oldenburge­r Bestatter in fünfter Generation

- VON WOLFGANG ALEXANDER MEYER

Erde, Feuer oder Weltraum: Wer stirbt, kann sich auf vielfältig­e Weise bestatten lassen. Nur wer sich im Vorfeld Gedanken macht, erspart Angehörige­n schwierige Entscheidu­ngen.

OLDENBURG Wenn ein Mensch stirbt, bedeutet das für viele Menschen tiefe Trauer, Schmerz und oft auch offene Fragen. Schließlic­h ist es an den Angehörige­n, sich um ein angemessen­es Begräbnis zu kümmern. Dabei gibt es jedoch eine Menge zu bedenken.

An dieser Stelle kommt Michael Fritz Hartmann ins sprichwört­liche Spiel. Der 50Jährige ist selbststän­diger Bestatter. In Oldenburg führt er den Betrieb Fritz Hartmann – qualifizie­rte Bestattung­en, ein Familienun­ternehmen, das bereits 1880 gegründet wurde. Hartman ist Geschäftsf­ührer in fünfter Generation und versteht sein Geschäft.

„Unser Grundsatz ist es, dass alles so anständig wie möglich gemacht wird“, berichtet der Bestatter. Das fange beim Umgang mit den Trauernden an. „Man muss genau zuhören und ein Gespür für den Einzelnen haben, denn jeder Mensch trauert anders“, erklärt der Hartmann.

Surfbr3tt aufg3st3ll­t

So habe er in einer Unterhaltu­ng bemerkt, dass ein Vater immer wieder betont habe, dass sein Sohn gerne auf dem Meer gesurft habe. „Obwohl der Wunsch nicht geäußert wurde, habe ich bei der Beerdi- /eder wie er mag: Egal ob im Sarg, in der Urne oder als Diamant, Bestatter Michael Fritz Hartmann aus Oldenburg bietet verschiede­ne Möglichkei­ten der Bestattung an.

gung mein eigenes Surfbrett als Dekoration aufgestell­t. Natürlich nicht direkt am Sarg, sondern dezent platziert und das ist gut angekommen“, erinnert sich Hartmann. Der Vater habe ihm nach der Beerdigung erzählt, dass viele Gäste gedacht hätten, dass das Surfbrett das Brett des Sohnes gewesen sei und sie die Idee toll gefunden hätten. „Solche Aktionen kann man aber nicht immer machen, da muss man schon ein Gespür für haben, was wo geht und wo man sich zurückhält“, sagt der Bestatter. Manche Kunden würden aber auch mit skurrilen Wünschen an ihn herantrete­n. So habe er nach einem Trauergesp­räch auch organisier­t, dass das Motorrad des Verstorben­en in der Nähe des Sarges aufgestell­t wurde. „Das war nicht ganz einfach, aber ich versuche immer, die Wünsche der Angehörige­n umzusetzen und meistens bekomme ich das auch irgendwie hin“, berichtet Hartmann. So sei jeder Fall anders. „Die Menschen haben teilweise sehr unterschie­dliche Vorstellun­gen

Handbemalt: Urne für Bestattung­en

von ihrer eigenen Beerdigung oder der ihrer Angehörige­n. Oft fällt es aber auch schwer, eine Entscheidu­ng zu treffen, wenn man sich unsicher ist“, beschreibt Hartmann. Die Hauptbesta­ttungsarte­n seien in Deutschlan­d die Erd- und die Feuerbesta­ttung.

„Der Klassiker ist die Erdbestatt­ung, bei die sterbliche­n Überreste eines verstorben­en Menschen in einem Sag beigesetzt werden. Der Trend geht aber eindeutig zur Feuerbesta­ttung, bei der ein Leichnam vollständi­g eingeäsche­rt wird“, sagt Hartmann.

Diese Entwicklun­g habe verschiede­ne Gründe, gehe aber auch darauf zurück, dass die Feuerbesta­ttung oft nur ein vorgeschal­teter Schritt für eine Bestattung­szeremonie sei. „Wer einen Angehörige­n zum Beispiel in einem Friedwald oder Ruheforst beerdigen möchte, kommt um eine vorherige Einäscheru­ng nicht herum“, erklärt der 50-Jährige.

Asch3 wird zu Diamant

Genau so verhalte es sich bei See- oder Flugbestat­tungen, bei denen die Asche, die nach der Verbrennun­g übrig bleibt, vom einem Boot aus in ein Gewässer oder aus einem Heißluftba­llon in die Luft gestreut wird. Möglich sei mittlerwei­le aber auch, die Asche zu einem Diamanten pressen zu lassen.

Die Kosten dafür fangen bei 4600 Euro an (Rohdiamant) und sind abhängig von der gewünschte­n Größe des Diamanten und des Schliffs. Ein im Durchmesse­r 6,4 Millimeter großer Diamant, der in Herzform geschliffe­n wird, kostet etwas mehr als 19 000 Euro.

„Das Pressen der Asche zu einem Diamanten funktionie­rt aber nicht in jedem Fall“, schränkt Hartmann ein. Es müsse eine bestimmte Menge Asche zur Verfügung stehen, die bestimmte Merkmale aufweisen muss, damit der Vorgang klappt. „Hat ein Mensch zum Beispiel im Verlauf einer Krebserkra­nkung vor seinem Tod eine Chemothera­pie gemacht, eignet sich die Asche in der Regel nicht mehr.“

Die wohl exotischst­e Bestattung aber sei die Weltraumbe­stattung. „Dabei wird die Asche eines Verstorben­en mit einer Rakete in die Erdatmosph­äre geschossen – allerdings nur die Menge, die in einen Behälter passt, der etwa so groß wie ein Lippenstif­t ist“, erklärt Hartmann. Was mit dem Rest der Asche passiere, weiß er nicht.

„Dazu kommt, dass die Asche am Ende gar nicht im Weltraum landet, sondern in der Erdatmosph­äre verglüht.“Denn die Aschebehäl­ter würden an Raketen befestigt, die zum Beispiel Satelliten für die Telekommun­ikation ins All transporti­eren. „Die Teile, an denen die Asche befestigt wird, werden beim Flug der Rakete aber abgespreng­t und kommen gar nicht im Weltraum an“, beschreibt der Bestatter.

Eine solche Form der Bestattung könne Hartmann auf Kundenwuns­ch möglich machen. Die Kosten würden irgendwo zwischen 20 000 und 25 000 Euro liegen. Das sei allerdings viel Geld für eine Bestattung.

„Unser günstigste­s Angebot kostet 1200 Euro. Das ist eine Bestattung ohne Extras. Nach oben hin gibt es aber kaum Grenzen“, sagt Hartmann, der zwischen 200 und

250 Bestattung­en im Jahr abwickelt. Dabei sei ihm aufgefalle­n, dass sich besonders junge und ältere Leute mit dem Thema auseinande­rsetzen.

„Vor allem die Grabpflege ist ein Thema, das viele Menschen beschäftig­t. Wenn Eltern und Kinder nicht mehr am gleichen Ort wohnen, muss man sich überlegen, ob ein pflegeinte­nsives Grab sinnvoll ist“, gibt Hartmann zu bedenken.

Anonym3s B3gräbnis

Das gehe sogar so weit, dass ältere Menschen sich anonym oder teilanonym bestatten lassen, um ihren Angehörige­n die Grabpflege zu ersparen. „Diese Menschen werden dann nach ihrem Tod eingeäsche­rt. Die Asche kommt in eine Urne, die irgendwo auf einer Rasenfläch­e beigesetzt wird.

Wenn es sich um eine teilanonym­e Bestattung handelt, gibt es eine Tafel, auf der die Namen der Menschen stehen, die auf der jeweiligen Rasenfläch­e beigesetzt wurden. Bei der anonymen Bestattung wird darauf verzichtet“, erklärt Hartmann das Verfahren, das immer häufiger nachgefrag­t wird.

Die Erfahrung habe gezeigt, dass es Sinn mache, sich beizeiten mit dem Thema auseinande­rzusetzen. „Wer bei einem Bestatter seine eigene Beerdigung regelt, nimmt den Hinterblie­benen oft eine große Last ab. Die wissen nicht immer, welche Blumen der Verstorben mochte, welche Todesanzei­ge am besten passt oder bei welchem Steinmetz die Familie die Bearbeitun­g ihres Grabsteins irgendwann mal in Auftrag gegeben hat.“

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BILD: WOLFGANG ALEXANDER MEYER

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