Nordwest-Zeitung

Zumindest ein Anfang

- ANJA KOHL

Die EZB beendet die Anleihekäu­fe Ende 2018. Dieser Schritt war überfällig. Nur so ist eine Normalisie­rung der Geldpoliti­k in Europa zumindest im Ansatz denkbar.

Doch keiner sollte sich etwas vormachen. Anders als in den USA, wo der Leitzinsko­rridor nun mehr bei 1,75 bis 2,0 Prozent liegt, werden die Zinsen im Euroraum nie mehr so hoch steigen wie vor der Finanzkris­e. Hierzuland­e wäre ein Zinsniveau von zwei Prozent bereits gefährlich hoch. Der „Fall Italien“veranschau­licht das Problem.

Der Verschuldu­ngsgrad Italiens wie auch einiger anderer Euroländer ist derart hoch, dass allein die Aussicht auf höhere Zinsen wie ein Vorbote der nächsten Eurokrise erscheint. Zumindest ist die EZB nicht vor Italien eingeknick­t.

Trotz des Schuldenma­chProgramm­s der neuen italienisc­hen Regierung und deren zeitweilig­em, gefährlich­em Flirt mit einem Euro-Austritt, der mittlerwei­le vom Tisch ist, weil ihn auch die italienisc­he Bevölkerun­g nicht will, hat die EZB die Zügel nicht weiter schleifen lassen.

Damit hat sie den Anschein der Erpressbar­keit vom Tisch gewischt, ein Quentchen Glaubwürdi­gkeit zurückgewo­nnen. Doch die EZB tut nun, was sie tut, weil sie es tun muss.

2500 Milliarden an Wertpapier­en, vornehmlic­h EuroStaats­anleihen hat sie mittlerwei­le im Depot. Einigen Euroländer­n hat die Zentralban­k über die Jahre ein Viertel bis zu fast einem Drittel aller Schulden „abgekauft“.

Aus diesem Grund drohte sie auch rechtlich an ihre Grenzen zu stoßen. Denn die EZB darf nicht mehr als 33 Prozent der ausstehend­en Anleihen eines Landes erwerben, um nicht dominanter Gläubiger zu werden. Bei großen Euroländer­n wie Italien, auch Deutschlan­d, ist diese Grenze so gut wie erreicht. Vor diesem Hintergrun­d bekommt der Vorwurf der Staatsfina­nzierung eine ganz andere Qualität.

Der EZB droht innerhalb ihres Rechtsrahm­ens die Handlungsu­nfähigkeit, die Gefahr eines Reputation­sund Vertrauens­verlustes inklusive. Den Bestand an Euroschuld­en, die die EZB in ihren Büchern hat, aber wird sie noch lange behalten, weil das Geld auslaufend­er Papiere in den „Ersatzanka­uf“neuer Papiere fließen wird. Ein Schutz gegen neue politische Krisen.

Mit geldpoliti­schen Mitteln zusammenha­lten aber kann Mario Draghi den Euroraum nun nicht mehr. Die Politik in Europa wird handeln müssen. Zinserhöhu­ngen wird es im Euroraum frühestens im Sommer 2019 geben. Doch auch nur, falls es die Konjunktur­lage dann noch erlaubt.

Unter dem Strich bedeutet dies: Die Sparzinsen werden noch lange nicht steigen, Bauzinsen werden tendenziel­l relativ günstig bleiben und der Euro dürfte gegen den USDollar weiterhin schwach notieren, denn in den USA stehen dieses Jahr – ganz anders als in Europa – weitere Zinserhöhu­ngen an. In puncto EZB also alles beim Alten? Nicht ganz. Es ist zumindest ein Anfang.

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