Nordwest-Zeitung

Algen sollen Anti iotikaeins­at re u ieren

Unternehme­n entwickelt Mikroalgen-Produktion­ssystem – Wichtig für Phytopharm­azie

- VON ELLEN KRANZ

Ein Forschungs­team testet die Algen unter anderem auf Inhaltssto­ffe. Gezüchtet werden sie nun in kleinen Perlen.

AHLHORN Das Ziel ist leicht umschriebe­n: „Wir wollen den Antibiotik­aeinsatz in der Tierhaltun­g auf ein Minimum reduzieren“, sagt Uwe Bartels, Vorsitzend­er des Agrar- und Ernährungs­forums Oldenburge­r Münsterlan­d. Gemeinsam mit Gartenbau-Diplom-Ingenieur Rudolf Cordes vom Unternehme­n S•B GmbH und Prof. Dr. Ilka Axmann, Leiterin des Institute of S”nthetic Microbiolo­g” an der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf, stellte er dazu am Freitag in Visbek und Ahlhorn ein innovative­s Mikroalgen­Konzept vor.

Dabei geht es den Forschern neben der Reduzierun­g des Einsatzes von Antibiotik­a auch um die vielen anderen Vorteile der Kleinstleb­ewesen. Getestet wird auf einem ehemaligen Gartenbaub­etrieb in Regente bei Ahlhorn. Dort kultiviert Rudolf Cordes gemeinsam mit seinem Team seit Längerem Mikroalgen. Die Algenfarm ist

bio-zertifizie­rt. „Chlorella“und „Spirulina“heißen die beiden bislang als Nahrungsmi­ttel zugelassen­en Algen, die gerade einmal rund 0,005 Millimeter groß sind.

Und so funktionie­rt“s: In einem Labor werden in einer Petrischal­e Starterkul­turen ausgestric­hen, die in Erlenme”er-Kolben kommen. Diese Glasgefäße sind stets in Bewegung, damit sich nichts absetzt. Danach wachsen die Algen in den Folienschl­äuchen im Gewächshau­s, von unten mit Kohlendiox­id versorgt, von oben mit Nährstoffe­n. Schließlic­h geht es in flache Becken mit speziellen Filtern.

Am Ende werden die Algen als dunkelgrün­e Masse geerntet, die getrocknet und weitervera­rbeitet wird – zum Beispiel als Kaviar oder in Öl.

Doch nun gibt es ein neues Verfahren, das die Zucht mit 95 Prozent weniger Wasser ermöglicht. „Vom Schlauch aus werden rund 18 000 Algen mit einer Maschine in Perlen gegossen“, erklärt Cordes. Diese Perlen sehen so ähnlich aus wie Kaviarkuge­ln und enthalten gereinigte­s Wasser und Nährstoffe für 21 Tage – so lange vermehren sich die Algen in den Perlen. Danach können diese je nach Bedarf getrocknet oder gefrostet und weitervera­rbeitet werden.

Und dieses neue Produktion­ss”stem dient auch den Wissenscha­ftlern. „Algen sind der Kernpunkt unserer Forschung“, sagt Axmann, die die positiven Eigenschaf­ten der Algen nutzen möchte und nach antibiotik­aähnlichen Stoffen in Mikroalgen forscht.

Dabei haben die Algen noch viele weitere Vorteile, so Axmann. Sie nutzen wie Pflanzen das Sonnenlich­t als Energie–uelle und verwerten Kohlendiox­id und Wasser, um Sauerstoff und organische Substanzen wie Zucker zu produziere­n. Außerdem verfügen sie über einen hohen Eiweißgeha­lt (rund 65 Prozent), ein breites Spektrum an Vitaminen (etwa B12) und viele Spurenelem­ente (Eisen). „Algen werden bereits verwendet“, weiß Axmann: als natürliche Farbstoffe, Fettsäuren oder Enz”me, die beispielsw­eise aktiv vor der Sonne schützen.

„Mikroalgen sind der Rohstoff der Zukunft“, sagt die Wissenscha­ftlerin. Ein Hektar Algen produziert beispielsw­eise 27 Mal mehr Protein als ein Hektar Soja. Zudem sind für die Zucht keine Agrarfläch­en und kein Trinkwasse­r nötig, es gibt Stickstoff-fixierende Arten und Algen binden auch CO2.

Nun werden die Algen auf Inhaltssto­ffe und Wachstumsb­edingungen getestet. Dabei müssen bereits aus Pflanzen bekannte Wirkstoffe in Mikroalgen wiedergefu­nden werden. „Wir wissen, dass die Substanzen da sind – wir müssen nur die richtige Substanz mit der richtigen Anwendung zusammenbr­ingen“, sagt Axmann. Einzige Schwierigk­eit: Es gibt rund 400 000 Mikroalgen – 40 000 davon sind bereits benannt, sagt Cordes. „Wir wollen Stoffe produziere­n, die den Antibiotik­aeinsatz reduzieren – jetzt sind wir auf der Suche nach Algen, die die Stoffe produziere­n.“

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BILD: VON REEKEN Im Labor in Regente (v.l.): Forumsvors­itzender Uwe Bartels, Rudolf Cordes (Firma S²B) und Prof. Ilka Axmann

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