Wir sind dann mal ein Jahr lang weg
Oldenburger Familie will alle 50 US-Staaten in 365 Tagen besuchen
Aus der Wohnung in den Wohnwagen: Ein Jahr lang leben Ben:amin und Melanie Fischer mit ihren Kindern auf den Straßen der USA.
OLDENBURG In der Auffahrt zur Hermannstraße stapeln sich Spielzeug, Schuhe und Jacken, Werkzeug liegt auf dem Pflaster, etwas weiter zwei Hanteln. „Wir trennenuns von vielen Sachen“, sagt Benjamin Fischer. „Das hat etwas Befreiendes.“AmEnde will er alles, was er selbst braucht, in einen Koffer packen. Mehr nicht.
Gleiches gilt für Fischers Kinder und seine Frau, denn die komplette Familie will ein Jahr lang durch die USA reisen: alle 50 Bundesstaaten in 365 Tagen – zu sechst in einemWohnwagen. „Wir brauchen nicht viel“, sagt Benjamin Fischer. „Hauptsache, wir sind zusammen.“
Sechs doppelte Staatsbürger
Zu den USA haben die Fischers eine besondere Beziehung. Melanie und Benjamin Fischer haben in Utah studiert, später in Seattle gelebt. „Wenn man länger im Ausland war, dann hat man ständig Fernweh“, sagt Melanie Fischer.
Zuletzt habe man vor allem schlechtes über die USA gehört – vor allemwegenDonald Trump. Dabei hätten sie dieUSA ganz anders erlebt, sagt Melanie Fischer. „Amerikaner sind tolle Menschen.“Unddas Land seiwunderschön und vielfältig. Das wollten sie auch ihren Kindern zeigen. Ob sie keine Angst haben, dass sich die USA verändert hat? „Schon“, sagt Benjamin Fischer. „Wir kennen ja eher liberale Gegenden.“
Die Kinder Jakob (14), Emilie (12) und Linus (9) sind in den USA geboren, nur Eli (6) kam in Oldenburg zur Welt. 2004 gewann Benjamin Fischer in der „Green-CardLotterie“, später nahmen er und seine Frau die US-amerikanische Staatsbürgerschaft an – zusätzlich zur deutschen, ebenso wie ihre Kinder. Auch seit der Rückkehr 2010 wird zuhause weiter viel englisch gesprochen.
Benjamin Fischer fliegt am 3. August in die Staaten, um dort einen Pick-up zu besorgen, der später den bereits gekauftenWohnwagen ziehen soll. Sein Arbeitgeber – eine Gesetzliche Krankenkasse – hat ihm ein Jahr unbezahlten Urlaub gewährt. Der Rest der Familie folgt am 13. August. Kurz zuvor wird Eli eingeschult. „Damit er das Gefühl hat, ein richtiges Schulkind zu sein“, sagt seine Mutter. Unterrichtet werden die vier Kinder dann „auf der Straße“. „Sie sind in einer internationalen Schule eingeschrieben, die sicherstellt, dass sie Unterricht bekommen“, sagt Benjamin Fischer.
Alles andere wird sie aber nicht ersetzen können. „Ich werde meine Freunde vermissen“, sagt Linus, „und meine Sachen.“Auch Eli trennt sich ungern von seinem Spielzeug – „und vom Nachbarshund.“Emilie macht sich eher Gedanken um die Situation im Wohnwagen. Dort gibt es ein Zimmer für alle vier Kinder. „Das kann nervig werden“, sagt sie. Die Großen wollen länger wach bleiben, die Kleineren stehen früh auf.
Eine Woche für jeden Staat
Die Tour startet in Florida, dort leben Freunde. Dann soll es erst an der Ostküste nach Norden gehen, etwas weiter im Landesinneren wieder zurück, dann in Richtung Westen. Eine Woche ist für jeden Staat geplant. Damit es keinen Stress gibt, hat Melanie Fischer schon Pläne geschmiedet. Freunde, Verwandte und Kollegen sollen mit einem Videoblog auf dem Laufenden gehalten werden.
Rund 3000 Euro hat die Familie für jeden Monat eingeplant, die meisten Aktivitäten sollen nicht teuer sein. „Am besten umsonst“, sagt Melanie Fischer. Für den Trip haben sie und ihr Mann lange gespart, immer wieder Geld zurückgelegt. „Wir geben generell nicht viel aus“, sagt sie. Fischers fahren ein älteres Auto, die Familie teilt sich ein Handy. „Wir sind keine Millionäre“, sagt Benjamin Fischer. „Wenn man darauf hinarbeitet, kann die Reise eigentlich jeder machen.“