Nordwest-Zeitung

Google darf sich weiterhin bedienen

Was der Stop der Urheberrec­htsreform für Nut-er, Journalist­en und Plattforme­n bedeutet

- VON DETLEF DREWES, BÜRO BRÜSSEL

In der Debatte um die Urheberrec­htsreform prallen unversöhnl­iche Meinungen aufeinande­r. Das Europaparl­ament hat die neuen Regeln erst einmal ausgebrems­t.

STRAßBURG Die Upload-Filter waren den Europa-Abgeordnet­en dann doch nicht geheuer. Mit deutlicher Mehrheit (318 zu 278) stoppten die Parlamenta­rier am Donnerstag in Straßburg die Pläne für ein digitales Urheberrec­ht. Google, Youtube und Co. dürfen sich vorerst weiter an Texten, Bildern und Videos bedienen – ohne dafür zahlen zu müssen.

Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Upload-Filter. Dabei handelt es sich um eine Software, die von Nutzern hochgelade­ne Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos auf urheberrec­htlich geschützte Produktion­en scannt. Der nun abgelehnte Gesetzentw­urf sollte sicherstel­len, dass große Online-Plattforme­n wie zum Beispiel Youtube in diesem Fall Lizenzen erwerben. Denn die Rechte liegen bei den Autoren, Journalist­en, Künstlern sowie den Verlagen.

Netz, weil die Filter auch missliebig­e Inhalte stoppen könnten. Zum zweiten bestehe, so wird argumentie­rt, das Risiko, dass kleine Start-UpUnterneh­men sich die teure Software nicht leisten können und deshalb lieber den Betrieb einstellen, als eine Geldstrafe zu riskieren. Außerdem befürchten sie, dass schon ein bloßer Link urheberrec­htlich schützensw­ert sein könnte, weil er zum Beispiel die Titelzeile eines Textes enthält, den

ein Autor geschriebe­n hat.

Ist denn wirklich schon ein Link schützensw­ert

Die Befürworte­r sagen deutlich: Es wird keine LinkSteuer, wie die Lizenzabga­be auf Querverwei­se genannt wird, geben. Mehr noch: Private Nutzer sollen auch künftig Links setzen und Texte sowie Bilder teilen dürfen, ohne dafür bezahlen zu müssen. Der entscheide­nde Unter- schied zu den großen Plattforme­n wie Google, Youtube oder Facebook besteht darin, dass diese sich Text-Anfänge, Bilder und Auszüge aus Videos abgreifen und damit ein lukratives Umfeld für ihre Werbe-Erlöse schaffen. Das tut kaum ein privater Nutzer.

Google und andere Plattforme­n greifen geistiges Eigentum von Journalist­en, Autoren und Künstlern ab, das die Verlage erworben haben, um es selbst zu vermarkten. Die Plattforme­n erzielen damit große Umsätze, weil sie diese Inhalte zu einem attraktive­n Umfeld für ihre Werbung nutzen, allerdings ohne sich selbst an den Kosten zu beteiligen. Das führt auf Dauer dazu, dass Qualitätsj­ournalismu­s aus dem Netz verschwind­et, weil deren Schöpfer und ihre Verleger nicht mehr davon leben können. Es geht also um eine faire Vergütung der Leistungen.

Sie haben die EU-Parlamenta­rier mit einer beispiello­sen Welle an Lobbyismus überzogen und erfolgreic­h die Ongste vor dem Ende des freien Internets geschürt. Und sie propagiert­en das Risiko eines Netzes, in dem Zensur Puasi automatisi­ert wird. Nach Angaben des Berichters­tatters des EU-Abgeordnet­enhauses, Axel Voss (CDU), wurden sogar Kinder von Parlamenta­riern angesproch­en, um sie zu beeinfluss­en. Das hat für viel Orger gesorgt.

Würde denn das freie Internet beschädigt

Die Grünen-Politikeri­n Helga Trüpel, die das Thema seit vielen Jahren bearbeitet, hat dies sehr deutlich gemacht. Sie analysiert­e, dass im Internet ein Freiheitsb­egriff propagiert wird, der den großen Konzernen eine schrankenl­ose Freiheit zubilligt, dabei aber die Verantwort­ung gegenüber den Journalist­en, Künstlern, Autoren und Verlagen geringer schätzt. „Es geht um Fairness der Vergütung, nicht Zensur“, sagt sie. Wenn Inhalte ordentlich lizenziert würden, wären Filter im Qbrigen überflüssi­g. Dahin müsse die EU kommen.

Wie geht es denn jetzt konkret weiter

Nach der Ablehnung durch das Plenum muss der Rechtsauss­chuss erneut beraten. Was dabei herauskomm­t, ist offen. Allerdings darf man vermuten, dass die UploadFilt­er gekippt werden müssen. Im September könnte das Parlament dann einen abgeändert­en Vorschlag beschließe­n. Sollte eine Mehrheit dann zustimmen, können die letzten Gespräche mit den Mitgliedst­aaten beginnen – und vielleicht bis Ende des Jahres abgeschlos­sen werden. Sollte das Plenum in zwei Monaten allerdings den überarbeit­eten Text komplett ablehnen, wäre die Urheberrec­htsreform gescheiter­t.

KOMMENTAR, SEITE 4

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DPA-BILD: STRATENSCH­ULTE Mit Text-Anfängen hat Google ein lukratives Umfeld für seine Werbe-Erlöse geschaffen – ohne zu zahlen.

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