So schlimm ist es in der Region
Warum Mediziner vermehrt vor Zeckenbissen warnen
Wissenschaftler schlagen Alarm: In diesem Sommer gibt es besonders viele Zecken – und die können schwere Krankheiten übertragen. Wie groß ist das ,isiko im Nordwesten?
K018 ist ein Zecken-Jahr: In diesem Sommer erobern besonders viele kleine Blutsauger Wiesen und Wälder. Damit steigt die Gefahr, an Hirnhautentzündung oder Borreliose zu erkranken, warnt jetzt das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF). „Wir werden die höchste Zahl an Zecken seit den letzten zehn Jahren haben“, sagt DZIF-Wissenschaftler Dr. Gerhard Dobler.
Die Warnung gilt vor allem für Süddeutschland. Besonders in Bayern und BadenWürttemberg können Zecken, wenn sie sich in der Haut festbeißen, gefährliche FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) übertragen. FSMEViren können schwere Erkrankungen der Hirnhäute, des Gehirns und des Rückenmarks auslösen. Auch können sie zu bleibenden Lähmungen führen. Symptome der FSME sind unter anderem hohes Fieber, starke Kopfschmerzen, Bewusstseinsstörungen.
Neben Süddeutschland besteht auch in einigen Landkreisen in Thüringen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und dem Saarland erhöhte FSMEGefahr. „In den betroffenen Gebieten sollten sich Bewohner, die im Wald unterwegs sind, gegen FSME impfen lassen“, rät Leonhard Hamschmidt vom Gesundheitsamt des Landkreises Oldenburg.
Und wie sieht es in Norddeutschland aus? „Es gibt mehr Zecken, auch bei uns“, sagt Hamschmidt. Das Risiko einer Hirnhautentzündung sei derzeit jedoch sehr gering. Aber: „Borrelien können bundesweit übertragen werden.“Die Erreger sind laut DZIF – unabhängig von der Region – in etwa jeder vierten Zecke zu finden. Also ist auch im Nordwesten Wachsamkeit geboten. „Bei Waldspaziergängen sollte man das Unterholz besser meiden“, empfiehlt Hamschmidt. Dort sitzen die gefährlichen Blutsauger nämlich besonders gern. Auch sollte man langärmelige Kleidung tragen – „und die Strümpfe über die Hosen ziehen“, rät Hamschmidt. Nach einem Aufenthalt in der Natur sollte man sich sorgfältig absuchen.
Borreliose ist eine Infektionskrankheit, die verschiedene Organe, in erster Linie die Haut, aber auch das Nervensystem und die Gelenke, schädigen kann. In Bundesländern wie Bayern, wo Meldepflicht besteht, gibt es in diesem Jahr bereits deutlich mehr Meldungen als in den Vorjahren. 2016 (8499) und 2017 (7796) lagen die Zahlen der gemeldeten Fälle deutlich höher als 2015 (5882). „Aber auch von Hausärzten aus dem Norden hören wir, dass die Fälle mehr werden“, sagt Dobler. Eine Impfung gegen Borreliose existiert nicht, die Krankheit wird mit Antibiotika behandelt. Wer sich eine Zecke eingefangen hat, sollte sie daher schnellstmöglich komplett entfernen. „Da dafür eine spezielle Pinzette nötig ist, sollte man am besten zum Arzt gehen“, sagt Hamschmidt. Ist das nicht möglich, sollte man sie selbst ziehen, denn: „Je länger sie sich vollsaugen, desto höher die Übertragungsgefahr.“
Dass es in diesem Jahr besonders viele Zecken gibt, ist laut Dobler auf das Zusammentreffen günstiger Bedingungen in den vergangenen zwei Jahren zurückzuführen. Vor zwei Jahren gab es ein „Fruktifikationsjahr“– ein Jahr, indem die Bäume extrem viele Früchte bildeten, zum Beispiel Bucheckern und Tannenzapfen. Das führte zu einer größeren Vermehrung der Mäuse, die wiederum die hauptsächliche Nahrungsquelle für die Zecken-Larven darstellen. Also stiegen die Zahlen. Hinzu kam, dass viele Zecken den letzten – insgesamt kühlen und feuchten Sommer – besser überlebten.