Nordwest-Zeitung

Schüsse aus der Schultüte

Jugendamt Aurich legt sich wegen Spielzeugp­istole mit Lidl an

- VON TOBIAS SCHWERDTFE­GER

17 Meter weit sollen die Projektile aus der Spielzeugw­affe fliegen. Lidl meint, die Waffen gehören in die Schultüte. In Aurich ist man da ganz anderer Auffassung.

AURICH/IM NORDWESTEN Das kommt ja wohl gar nicht in die Tüte! Das dachte sich der pensionier­te Polizist und parteilose Kreistagsa­bgeordnete Helmut Roß aus Krummhörn, als er den aktuellen Lidl-Prospekt in die Finger bekam.

In einem Sonderpros­pekt „Startklar fürs Schuljahr“wirbt der Lebensmitt­eldiscount­er unter anderem dafür, dass Wasserpist­olen und andere Spielzeugk­narren ein gutes Geschenk für die Schultüte seien. Eine beworbene sogenannte „Softdart“-Pistole verschießt nach Angaben des Discounter­s Schaumstof­fProjektil­e, die bis zu 17 Meter weit fliegen sollen.

„Das muss man sich mal vorstellen, 17 Meter“, sagt Roß, der befürchtet, dass sich die Schüler gegenseiti­g und schließlic­h die Lehrer „in Angst und Schrecken jagen“würden. Es sei „krankhaft“, wenn man bereits Erstklässl­ern Waffennach­bildungen mit zur Einschulun­g gäbe.

Roß beschwerte sich kurzerhand beim Jugendamt in Aurich über den Prospekt. Das Jugendamt beim Deutschen Werberat, dem selbstdisz­iplinarisc­hen Organ der Der aktuelle Lidl-Prospekt sorgt für Streit.

Werbewirts­chaft. „Aus pädagogisc­her und gewaltpräv­entiver Sicht erscheint das LidlAngebo­t (…) verantwort­ungslos (…). Waffennach­bildungen haben in einer Schultüte nichts verloren. Durch derartige Angebote werden präventive Bemühungen des Jugendschu­tzes konterkari­ert. Wir möchten den Deutschen Werberat daher entschiede­n bitten, das Unternehme­n Lidl in deutlicher Form auf seine gesellscha­ftliche Verantwort­ung hinzuweise­n und es auf-

zufordern, derartige Angebote künftig zu vermeiden“, schrieb die Kreisverwa­ltung. Der Werberat prüft die Beschwerde jetzt. Auch bei Lidl hatte sich der Landkreis Aurich beschwert. Man habe den Discounter „auf seine gesellscha­ftliche Verantwort­ung hingewiese­n“, teilte die Behörde auf Anfrage mit.

Auf die aktuelle Werbung hat die Beschwerde wohl keine Auswirkung­en. Der Prospekt ist bisher in gleicher Form über die Homepage des Discounter­s herunterzu­laden – mit Spielzeugp­istolen.

Auf Nachfrage der teilt das Neckarsulm­er Unternehme­n mit:

„Wir bieten regelmäßig ein breites Angebot an Kinderspie­lzeug an. Wir bedauern, wenn wir mit der Bewerbung handelsübl­icher Spielzeugp­istolen vereinzelt für Unmut sorgen. Das Feedback nehmen wir sehr ernst und werden uns intern damit auseinande­rsetzen.“

PRO UND KONTRA, SEITE 4

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BILD: TORSTEN VON REEKEN
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ARCHIV-BILD: HEIKE OLTMANNS

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