Prachtboulevard wird zur Partymeile
Hunderttausende Franzosen bejubeln Weltmeister-Mannschaft in Paris
PARIS Frankreich ist vereint im Titelrausch: Eingehüllt in blau-weiß-roten Rauch verwandelte sich der Pariser Prachtboulevard ChampsElysees am Montagabend in eine Partymeile. Hunderttausende Franzosen feierten ausgelassen ihre Fußball-Weltmeister und deren Trainer Didier Deschamps. Vom Deck ihres Busses winkten die Helden von Moskau und präsentierten der euphorisierten Menge den goldenen Pokal. Höhepunkt am Ende der Triumphfahrt war der Empfang bei Emmanuel Macron im Elysee-Palast.
Der Staatspräsident appellierte in einer emotionalen Ansprache vor 3000 Gästen im Garten des Palastes: „Ändert nichts! Diese Mannschaft ist großartig, weil sie eine Einheit ist.“Die Pariser Metro hatte am Morgen kurzerhand sechs ihrer Stationen nach den Helden von Russland umbenannt. Die Station „ChampsElysees - Clemenceau“am berühmten Boulevard beispielsweise hieß zu Ehren von Trainer Deschamps vorübergeStärken
hend „Deschamps Elysees Clemenceau“.
In Frankreich war schon am Vorabend die Hölle los gewesen. Nicht nur auf dem Marsfeld, wo 90 000 Fans im Schatten des Eiffelturms das 4:2 über Kroatien bejubelten, sondern im ganzen Land gerieten die Menschen in Ekstase. Mancherorts entlud sich diese Energie auch in Krawallen. In mehreren Städten kam es zu Ausschreitungen, die Polizei nahm 292 Menschen in Gewahrsam. Die Feiern seien aber überwiegend friedlich verlaufen, erklärte Frédéric de
Lanouvelle, Sprecher des Innenministeriums.
Die Fußball-Welt fürchtet bereits eine lange Vorherrschaft der neuen Goldenen Generation Frankreichs. 26 Jahre und 90 Tage betrug das Durchschnittsalter der Startelf im Finale am Sonntag in Moskau. „Es waren 14 Spieler mit dabei, die auf eine Abenteuerreise gegangen sind“, betonte Trainer Didier Deschamps, der nach dem verlorenen EM-Finale vor zwei Jahren sein Personal noch mal durchtauschte und die Schwächen von damals in von heute umwandelte. „Es war so, so schmerzvoll, vor zwei Jahren nicht den EMTitel zu holen. Aber vielleicht wären wir jetzt nicht Weltmeister, hätten wir es damals geschafft“, sagte er.
Und Deschamps ist noch lange nicht fertig. „Es ist vorgesehen, dass ich bleibe, also bleibe ich“, betonte der 49Jährige. Bis zur EM in zwei Jahren gilt sein Vertrag. Er kann nun das einmalige Kunststück schaffen und nach dem Titeldouble binnen zwei Jahren mit dem WM-Triumph 1998 und dem EM-Erfolg 2000 als Spieler das Gleiche als Trainer zu wiederholen.
Beispielhaft für diese Mannschaft, ihren Erfolg und vor allem ihre Perspektive steht Kylian Mbappé. Der 19Jährige hat kamerunische und algerische Wurzeln. „Das ist Frankreich, wie wir es lieben. Es gibt verschiedene Herkünfte, aber wir sind vereint. So ist es auch in der Mannschaft. Wir spielen für dieses eine Trikot“, sagte Antoine Griezmann, vielleicht das Gesicht des Weltmeisters. Mit 27 Jahren liegt er zwar schon über dem Schnitt der Final-Elf, ist aber alles andere als alt.