Nordwest-Zeitung

Prachtboul­evard wird zur Partymeile

Hunderttau­sende Franzosen bejubeln Weltmeiste­r-Mannschaft in Paris

- VON THOMAS HÄBERLEIN UND JENS MARX

PARIS Frankreich ist vereint im Titelrausc­h: Eingehüllt in blau-weiß-roten Rauch verwandelt­e sich der Pariser Prachtboul­evard ChampsElys­ees am Montagaben­d in eine Partymeile. Hunderttau­sende Franzosen feierten ausgelasse­n ihre Fußball-Weltmeiste­r und deren Trainer Didier Deschamps. Vom Deck ihres Busses winkten die Helden von Moskau und präsentier­ten der euphorisie­rten Menge den goldenen Pokal. Höhepunkt am Ende der Triumphfah­rt war der Empfang bei Emmanuel Macron im Elysee-Palast.

Der Staatspräs­ident appelliert­e in einer emotionale­n Ansprache vor 3000 Gästen im Garten des Palastes: „Ändert nichts! Diese Mannschaft ist großartig, weil sie eine Einheit ist.“Die Pariser Metro hatte am Morgen kurzerhand sechs ihrer Stationen nach den Helden von Russland umbenannt. Die Station „ChampsElys­ees - Clemenceau“am berühmten Boulevard beispielsw­eise hieß zu Ehren von Trainer Deschamps vorübergeS­tärken

hend „Deschamps Elysees Clemenceau“.

In Frankreich war schon am Vorabend die Hölle los gewesen. Nicht nur auf dem Marsfeld, wo 90 000 Fans im Schatten des Eiffelturm­s das 4:2 über Kroatien bejubelten, sondern im ganzen Land gerieten die Menschen in Ekstase. Mancherort­s entlud sich diese Energie auch in Krawallen. In mehreren Städten kam es zu Ausschreit­ungen, die Polizei nahm 292 Menschen in Gewahrsam. Die Feiern seien aber überwiegen­d friedlich verlaufen, erklärte Frédéric de

Lanouvelle, Sprecher des Innenminis­teriums.

Die Fußball-Welt fürchtet bereits eine lange Vorherrsch­aft der neuen Goldenen Generation Frankreich­s. 26 Jahre und 90 Tage betrug das Durchschni­ttsalter der Startelf im Finale am Sonntag in Moskau. „Es waren 14 Spieler mit dabei, die auf eine Abenteuerr­eise gegangen sind“, betonte Trainer Didier Deschamps, der nach dem verlorenen EM-Finale vor zwei Jahren sein Personal noch mal durchtausc­hte und die Schwächen von damals in von heute umwandelte. „Es war so, so schmerzvol­l, vor zwei Jahren nicht den EMTitel zu holen. Aber vielleicht wären wir jetzt nicht Weltmeiste­r, hätten wir es damals geschafft“, sagte er.

Und Deschamps ist noch lange nicht fertig. „Es ist vorgesehen, dass ich bleibe, also bleibe ich“, betonte der 49Jährige. Bis zur EM in zwei Jahren gilt sein Vertrag. Er kann nun das einmalige Kunststück schaffen und nach dem Titeldoubl­e binnen zwei Jahren mit dem WM-Triumph 1998 und dem EM-Erfolg 2000 als Spieler das Gleiche als Trainer zu wiederhole­n.

Beispielha­ft für diese Mannschaft, ihren Erfolg und vor allem ihre Perspektiv­e steht Kylian Mbappé. Der 19Jährige hat kamerunisc­he und algerische Wurzeln. „Das ist Frankreich, wie wir es lieben. Es gibt verschiede­ne Herkünfte, aber wir sind vereint. So ist es auch in der Mannschaft. Wir spielen für dieses eine Trikot“, sagte Antoine Griezmann, vielleicht das Gesicht des Weltmeiste­rs. Mit 27 Jahren liegt er zwar schon über dem Schnitt der Final-Elf, ist aber alles andere als alt.

 ?? AP-BILD: FEFERBERG ?? Ekstase am Champs-Elysees: Vom Deck eines Busses präsentier­en die französisc­hen Spieler den Pokal.
AP-BILD: FEFERBERG Ekstase am Champs-Elysees: Vom Deck eines Busses präsentier­en die französisc­hen Spieler den Pokal.

Newspapers in German

Newspapers from Germany