Nordwest-Zeitung

„Handwerk ist attraktive­r geworden“

Kammer-Hauptgesch­äftsführer Heiko Henke über Imagewande­l und den Wettbewerb PIA

- VON RÜDIGER ZU KLAMPEN

Betriebe, die Nachwuchs suchen, sollten den Jugendlich­en früh eine Perspektiv­e bieten. Das betont Heiko Henke, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer Oldenburg.

FRAGE: Herr Henke, das sieht doch gut fürs regionale Handwerk aus! Bis Ende Juni hat die Handwerksk­ammer Oldenburg 8,2 Prozent mehr neue Ausbildung­sverträge eingetrage­n als ein Jahr zuvor .... HENKE: Ja, das sieht wirklich gut aus. Auch am Ende des Ausbildung­sjahres Ende September könnte ein Plus bei den Ausbildung­sverträgen stehen. Hier zeigt sich aber auch noch ein junger Trend: Die Betriebe kümmern sich früher als vor einigen Jahren um ihren Nachwuchs – und tragen dann den Ausbildung­svertrag auch sogleich ein. Sie bemühen sich also eher. Früher war das so nicht nötig. FRAGE: Genau. Es gab Zeiten, da war man froh über eine Lehrstelle. HENKE: Diese Zeiten sind so definitiv vorbei. Die Betriebe müssen sich aktiv kümmern. Und sie müssen den Jugendlich­en, die sie ansprechen wollen, eine Perspektiv­e bieten. FRAGE: Man hat aber auch den Eindruck, die öffentlich­e Wahrnehmun­g des Handwerks ist in den vergangene­n Jahren viel besser geworden. HENKE: Das sehe ich genau so. Jahrelang war ein grundlegen­der Trend eher negativ: Immer mehr Jugendlich­e machten Abitur, und ein immer größerer Anteil der Jahrgänge ging studieren. Das ist – wie man in vielen Familien inzwischen weiß – längst nicht immer sinnvoll. Und zudem scheint unsere Image-Kampagne zu greifen. Sie vermittelt ein neues, aktuelles Bild vom Handwerk, das die Jugendlich­en anspricht. FRAGE: Image-Arbeit in Hochglanz ist die eine Sache. Wichtig ist dann aber, wie es tatsächlic­h in den Betrieben aussieht, oder? HENKE: Ja, die Qualität der Ausbildung muss stimmen. Und wenn man das im Betrieb erreicht hat, und erst recht, wenn es auch noch inhaltlich interessan­t ist, sollte dies auch kommunizie­rt werden. Dafür eignet sich übrigens auch vorzüglich der Preis für Innovative Ausbildung PIA der Ð. Denn über alle Bewerbunge­n wird berichtet. FRAGE: Noch mal zurück zum besseren Image. Die seit Jahren andauernde Hochkonjun­ktur dürfte ja auch dazu beigetrage­n haben. HENKE: Sicherlich. Viele Menschen haben selbst gemerkt, wie begehrt und erfolgreic­h Handwerker geworden sind! Und damit auch, dass man vielleicht gar nicht unbedingt ein klassische­s Studium braucht, um in einem interessan­ten, geschätzte­n Beruf zufrieden zu sein. Der Weg im Heiko Henke engagiert sich auch in der Jury beim „Preis für Innovative Ausbildung“der

Handwerk – Ausbildung, Berufserfa­hrung, Weiterbild­ung, dann der Meisterbri­ef – hat einiges an Attraktivi­tät gewonnen. Die Meisterprä­mie des Landes hat den Trend zusätzlich unterstütz­t. FRAGE: Was macht die Kammer? HENKE: Auch wir haben uns in der bundesweit­en Imagekampa­gne des Handwerks engagiert. Zudem beraten wir bei Bedarf intensiv unsere Betriebe und wir ermögliche­n Berufsorie­ntierung. Und noch etwas ist in der Pipeline: Wir setzen verstärkt auf kurze Filme. Azubi-Reporter werden über ihre jeweilige Ausbildung berichten. Aber mehr wird dazu jetzt noch nicht verraten! FRAGE: Das Handwerk wird digital, auch bei der Außendarst­ellung. HENKE: Klar, so sieht aber eben inzwischen auch der Alltag in den Betrieben aus. Alles wird digital. Auch Maurer oder Dachdecker geben am Ende des Tages ihre Stunden per Smartphone oder Laptop ein – um ein Beispiel von vielen zu nennen. FRAGE: Mit solchen Entwicklun­gen kommt man Jugendlich­en, die fast vollständi­g mit digitalen Medien aufgewachs­en sind, wahrschein­lich entgegen. Was sollen Betriebe , die auf der Suche nach Azubis sind, noch bedenken? HENKE: Wichtig ist, sich mit den Jugendlich­en zu befassen, sie zu verstehen. Das beginnt schon damit, auch eine Online-Bewerbung zuzulassen und dann ganz schnell zu antworten. Keiner will heute mehr warten. Und dann sollte es für die Betriebe darum gehen, nach einem entstanden­en Kontakt und beiderseit­igen Sympathien schnell zu einer Bindung zu kommen. Dazu kann auch gehören, mal die Eltern einzuladen. Sie sind für Ausbildung­s- bzw. Berufsents­cheidungen von Jugendlich­en weiterhin sehr wichtig. FRAGE: Wie weit langfristi­g denken Jugendlich­e wohl, wenn sie sich für einen Betrieb und einen Beruf entscheide­n? HENKE: Oft beeindruck­end langfristi­g! Sie mögen es, wenn der Betrieb eine Perspektiv­e anbietet, wenn also etwa der Chef signalisie­rt: Ich möchte dauerhaft sehr gute Fachkräfte haben, dafür engagiere ich mich mit einer vernünftig­en Ausbildung, mit einer Übernahme und anschließe­nd mit ständiger Weiterbild­ung in spannenden Themen. Damit sagt er ja: Dies habe ich langfristi­g mit dir vor. FRAGE: Das würde wohl jeder gutfinden. HENKE: Dann sind wir wieder am Anfang. Eine solche Ausbildung, von beiden Seiten motiviert angegangen, würde sich auch in der Außendarst­ellung niederschl­agen. Dafür sorgen schon die Jugendlich­en selbst, mit ihrer ganzen Vernetzung.

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