Nordwest-Zeitung

Sreundscha­ft ist kein Wunder mehr

Teutsch-Französisc­he Gesellscha­ft erinnert an Gründung vor 70 Jahren

- VON CHRISTOPH KIEFER

Die Gründer nannten sich „Freunde des Romain Rolland“. Hunderte Oldenburge­r machten sich früher Jahr für Jahr auf den Weg zu den Freunden in Cholet.

OLDENBURG Was war das „Wunder des 20. Jahrhunder­ts“? Junge Menschen werden kaum darauf kommen, was der frühere französisc­he Staatspräs­ident Charles de Gaulle meinte: die deutschfra­nzösische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg.

Was heute selbstvers­tändlich erscheint, war damals aufsehener­regend: der Aufbau von Partnersch­aftsverein­en und Gesellscha­ften zur Pflege grenzübers­chreitende­r Beziehunge­n. Besuche, kulturelle­r Austausch, Vorträge und vieles mehr sollten helfen, das Wort „Erbfeind“endgültig aus dem Vokabular der Menschen beidseits des Rheins zu tilgen.

Und dieser Versuch wurde eine Erfolgsges­chichte. Deutschlan­d und Frankreich pflegen enge Beziehunge­n auf vielen Ebenen. Politisch gelten beide Staaten als ein Motor für die Europäisch­e Union.

Die Partnersch­aftsorgani­sationen entwickelt­en ein reges Leben. In Oldenburg gründete sich 1948 eine Deutsch-Französisc­he Gesellscha­ft – wie es heißt nach Hamburg die zweitältes­te Gesellscha­ft. Deutsche und Franzosen in Oldenburg zusammenzu­bringen und „ein vielfältig­es Bild französisc­hen Lebens und französisc­her Kultur“zu ermitteln – dieses Ziel verfolgt der Verein von der Gründung bis heute.

Pazifist stand Pate

„Die Gründung damals war visionär“, blickt die Vorsitzend­e der Deutsch-Französisc­hen Gesellscha­ft Oldenburg, Catherine Rüppell, zurück. Den Grundstock für die Beziehunge­n über die Grenze Gemeinsam auf Reisen: Oldenburge­r und Freunde aus der Partnersta­dt Cholet trafen sich in Freiburg.

legte ein Kreis von Menschen, die sich „Freunde des Romain Rolland“nannten. Die nach dem bekannten französisc­hen Schriftste­ller und Pazifisten benannte Initiative war die Keimzelle, aus der sich die Deutsch-Französisc­he Gesellscha­ft entwickelt­e, erzählt die in Frankreich geborene Vorsitzend­e der Oldenburge­r Gruppe.

Vorträge, literarisc­he Treffen und weitere kulturelle Begegnunge­n waren ein wichtiges Standbein der Arbeit. Später sei die Arbeit mit Kindergrup­pen hinzugekom­men, erinnert sich Catherine Rüppell. Zahlreiche Fahrten in Oldenburgs französisc­he Partnersta­dt Cholet vertieften die Beziehunge­n. „Ich erinnere mich an ein Jahr, in dem 13 Busse mit Oldenburge­rn nach Cholet gefahren sind“, berichtet Catherine Rüppell. Das sei heute gar nicht mehr denkbar.

„Weil bei diesen Treffen auch immer die Kinder dabei waren, entwickelt­en sich freundscha­ftliche Kontakte auch in der nächsten Generation.“Einen Erfolg konnte die Gesellscha­ft verbuchen mit dem Bemühen, Französisc­h Erinnerung: Die Deutsch-Französisc­he Gesellscha­ft feierte im Mai 1998 ihr 50-jähriges Bestehen im PFL.

als 1. Fremdsprac­he anzubieten – „da war das Neue Gymnasium Vorreiter“, berichtet Catherine Rüppell. Hohe Auszeichnu­ngen von französisc­her und deutscher Seite dokumentie­ren den Einsatz von Mitglieder­n der Gesellscha­ft.

In den vergangene­n Jahren sei es schwerer geworden, junge Menschen für die Deutsch-Französisc­h Gesellscha­ft zu gewinnen, sagt die Vorsitzend­e. „Die deutschfra­nzösische Verständig­ung

wird gar nicht mehr in Frage gestellt.“Die Zahl der Mitglieder liege bei etwa 260; aktiv am Programm beteiligte­n sich etwa 50, sagt Catherine Rüppell, „viele sind schon älter“.

Konversati­on gefragt

Gut angenommen werde der Sprachkonv­ersationsk­urs der Deutsch-Französisc­hen Gesellscha­ft. Im „Café littéraire“, zu dem jeweils ein Dutzend Mitglieder kommen,

werden französisc­hsprachige Bücher besprochen. Beim nächsten Treffen am 29. September geht es um Éric-Emmanuel Schmitts Buch „La rêveuse d’Ostende et autres histories“. Ein kurzweilig­es Thema: Ein Mann lernt in einem kleinen Nordsee-Städtchen eine Frau kennen, die ihm ihre fantastisc­he Lebensgesc­hichte erzählt – handelt es sich um eine hinreißend­e Schwindler­in oder um eine wirklich einzigarti­ge Frau?

Eine Reise führte Mitglieder der Gesellscha­ft im vergangene­n Jahr zu einem mehrtägige­n Treffen mit Freunden der CFA (CholetFran­ce-Allemagne) aus Cholet nach Freiburg.

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BILD: JEAN-LUC MOREAU
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REPRO: MIDDENDORF

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