Mrbschaft nachträglich anfechtbar?
Anfechtung der Annahme bei Irrtum über Werthaltigkeit
Karin Schulze
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht und Sozialrecht, Mediatorin
Wenn ein Erbe die Erbschaft – etwa bei Überschuldung– nicht annehmen will, kann er sie innerhalb einer Frist von sechs Wochen ausschlagen. Die Frist beginnt nach § 1944 BGB mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt.
Was aber, wenn sich die Überschuldung erst nach Ablauf der sechs Wochen herausstellt? Zunächst gilt die Erbschaft als angenommen, wenn nicht ausgeschlagen wird, also die 6-Wochen-Frist ohne Ausschlagung abgelaufen ist, oder wenn die Erbschaft durch ausdrückliche Erklärung angenommen worden ist. Stellt sich die Überschuldung erst hiernach ein, so kann der Erbe unter bestimmten Umständen berechtigt sein, die Erbschaftsannahme wegen Irrtums nachträglich anzufechten. Die Anfechtung setzt dabei allerdings voraus, dass sich der Erbe überhaupt innerhalb der 6Wochen-Frist ernsthaft mit dem Nachlass auseinandergesetzt hat und von der Werthaltigkeit des Nachlasses ausgegangen ist.
In einem vom Oberlandesgericht Köln am 15.05.2017 entschiedenen Fall (AZ 2 WX 109/17) wusste der gesetzliche Erbe, dass der Erblasser ca. ein Jahr vor seinem Tod eine Abfindung in Höhe von etwa 100.000 Euro erhalten. Er hatte auch einen Kontoauszug des Erblassers gesehen, welcher einige Monate vor dem Tod ein Kontoguthaben von ca. 60.000 Euro ausgewiesen hatte. Aufgrund dieser konkreten Anhaltspunkte konnte er nach Ansicht des Gerichts erwarten, dass der Nachlass werthaltig ist. Stellt sich dies später als Irrtum heraus, weil noch unerwartete Schulden auftauchten, so kann er die Erbschaftsannahme wegen Überschuldung nachträglich anfechten.
Ebenso kann es sich umgekehrt verhalten: Jemand hat innerhalb der 6-Wochen-Frist wegen vermuteter Überschuldung eine Erbschaft ausgeschlagen und im Nachhinein stellt sich die Werthaltigkeit des Nachlasses heraus. In diesem Fall kann u.U. die Ausschlagung der Erbschaft wegen Irrtums angefochten werden.
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