Nordwest-Zeitung

Etappensie­g für Puigdemont

Spanische Justiz zieht Haftbefehl gegen Separatist­enchef zurück

- VON EMILIO RAPPOLD UND WOLFGANG SCHMIDT

Spanien will den katalanisc­hen Politiker nun doch nicht haben. Der Zorn auf die deutsche Justiz ist in Spanien allerdings groß.

MADRID Bei der Jagd auf den katalanisc­hen Separatist­enchef Carles Puigdemont hat die spanische Justiz endgültig das Handtuch geworfen. Ermittlung­srichter Pablo Llarena verzichtet auf eine Auslieferu­ng des im Frühjahr in Deutschlan­d festgenomm­enen Politikers, teilte das Oberste Gericht in Madrid am Donnerstag mit. Der Grund: Das schleswig-holsteinis­che Oberlandes­gericht hatte eine Auslieferu­ng Puigdemont­s nach Spanien wegen des Verdachts der Veruntreuu­ng für zulässig erklärt, nicht jedoch wegen Rebellion, dem Hauptvorwu­rf der spanischen Justiz.

Der 55-jährige Ex-Regionalpr­äsident, seit Herbst 2017 auf der Flucht, wird sich in Zukunft in Europa frei und ungestört bewegen dürfen. Mit der Entscheidu­ng von Richter Llarena sei die Verfolgung europaweit zu Ende, erklärten die deutschen Anwälte von Puigdemont. Die Sprecherin der Generalsta­atsanwalts­chaft in Schleswig, Wiebke Hofelner, sagte, sobald die offizielle Mitteilung von der Rücknahme in Deutschlan­d eintrifft, „wäre das Auslieferu­ngsverfahr­en beendet“. Bisher liege der Rückzieher aus Madrid aber noch nicht vor. Der katalanisc­he Separatist­enführer Carles Puigdemont – hier bei seiner Haftentlas­sung aus der Justizvoll­zugsanstal­t Neumünster am 6. April.

Puigdemont­s deutsche Anwälte betonten: „Wie wir bereits seit Beginn des Verfahrens gesagt haben: Politische Konflikte eines Staates müssen politisch ausgetrage­n werden, nicht mit den Mitteln des Strafrecht­s.“Ob Puigdemont, der im Herbst nach Belgien ins Exil geflohen war und sich zuletzt nach Angaben aus seinem Umfeld im Großraum Hamburg aufhielt, in Deutschlan­d bleiben wird, konnten weder die deutschen noch die spanischen Anwälte sagen.

Der Jubel im Separatist­enLager war groß. Puigdemont­s spanischer Anwalt Jaume Alonso-Cuevillas postete auf

Twitter: „Es sieht so aus, als ob wir einen vortreffli­chen Sommer vor uns haben.“Puigdemont selbst nutzte die Gelegenhei­t, um in sozialen Netzwerken die Freilassun­g seiner in Spanien in Untersuchu­ngshaft sitzenden Ex-Mitarbeite­r zu fordern. Die Rücknahme der Haftbefehl­e sei „der Beweis für die immense Schwäche des Justizverf­ahrens“, schrieb er.

Der Triumph von Puigdemont ist aber nicht komplett, weil er nicht nach Spanien zurückkehr­en kann. Er würde dort sofort hinter Gitter kommen, denn der nationaleH­aftbefehl wurde aufrechter­halten.

Puigdemont könnte wohl erst in 20 Jahren in die Heimat unbehellig­t zurückkehr­en. So lange dauert es, bis das Delikt der Rebellion, für das es bis zu 30 Jahre Haft gibt, verjährt.

Richter Llarena geht unterdesse­n mit der deutschen Justiz hart ins Gericht. Das OLG in Schleswig-Holstein habe „aus einer verfehlten Position heraus“dem Verfahren in Spanien „vorgegriff­en“. In einer Mitteilung des Obersten Gerichts heißt es, die deutsche Justiz habe die Handlungsf­ähigkeit Llarenas als Ermittlung­srichter untergrabe­n. Der Richter wirft dem OLG unter anderem „Mangel an Engagement“vor.

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DPA-BILD: REHDER

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