So wollen sie der Pflege helfen
Wie Mitglieder der neuen Kammer die Interessen ihres Berufsstandes vertreten wollen
Über die Pflegenot und Personalknappheit redet in diesen Tagen sogar die Kanzlerin. Die Vertreter der neuen Pflegekammer Niedersachsen aus dem Nordwesten erklären ihre Ziele.
OLDENBURG Kritiker werfen der Pflegekammer Niedersachsen vor, ein Bürokratiemonstrum zu sein. Befürworter halten das neue Organ für längst überfällig. Jetzt haben ein Drittel aller Mitglieder – eine Registrierung ist Pflicht – ihre Vertreter gewählt. Fünf Vertreter werden den Nordwesten repräsentieren. Dazu gehören unter anderem Andreas Dörkßen aus Leer sowie Sarah Pricker aus Meppen. Drei weitere Vertreter aus der Region sprechen über ihre Ziele. STEFAN TAPHORN
Die 50-Jährige arbeitet in der Pflegedienstleitung und Organisationsmanagement der Pflegestation Nordkreis Vechta. Taphorn, der gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger ist, blickt auf über 30 Jahre Berufserfahrung zurück und hält die Pflegekammer für unabdingbar. Denn durch das neue Instrument würden den Pflegern einfach mehr Kom- petenzen zugerechnet werden. „Stellen Sie sich vor, Pfleger kümmern sich ambulant um einen inkontinenten Patienten. Jetzt stellt der Pflegedienst fest, dass der Patient bestimmte Hilfsmittel braucht. Diese kann bisher aber nur ein Arzt verordnen.“Zwar hofft Taphorn, dass die Pfleger zukünftig mehr Befugnisse erhalten. Er betont aber auch, dass noch ein langer Weg zu gehen sei. Die verpflichtende Registrierung für alle Pfleger hält er für notwendig. „Wir brauchen ja auch die Legitimation von den Pflegern. Jahrelang haben wir es über die Berufsverbände und Gewerkschaften auf freiwilliger Basis versucht.“ JOCHEN BERENTZEN
Als Leiter der Schule für Pflegeberufe St. Franziskus in Cloppenburg hat es Dr. Jochen Berentzen täglichen mit
zukünftigen Pflegefachkräften zu tun. „Manche unserer Absolventen haben bis zu fünf Zusagen“, sagt er. Die jungen Leute wüssten, dass sie nach ihrem Abschluss ein attraktives Gehalt und ein sicherer Job erwarte. „Wir hatten gerade 48 Prüfungen. 25 ausgelernte Pflegefachkräfte wollen direkt in der Region bleiben“, freut sich Berentzen.
Allerdings verdienen Fachkräfte im Krankenhaus mehr als beispielsweise in der Altenpflege. „In den nächsten fünf Jahren wollen wir an der Basis für mehr Akzeptanz sorgen. Denn die Wahlbeteiligung beim ersten Durchgang war mit 30 Prozent nicht hoch“, sagt Berentzen. Wie auch Taphorn betont der ebenfalls 50-Jährige, dass man in Zukunft gerade bei der Versorgung delegieren könnenmüsse. Pfleger hätten viele Kompetenzen, die noch
mehr ausgeschöpft werden müssten. Von der verpflichtenden Registrierung ist auch Berentzen überzeugt. CHRISTOPH JONGEBLOED
„Die neue Pflegekammer bietet die Möglichkeit, das Qualitätsniveau in der Pflege zu sichern“, erklärt Christoph Jongebloed, der derzeit sein Bachelorstudium in Gerontologie in Vechta abschließt. Auch sei die Kammer ein wichtiges Sprachrohr für Pflegekräfte, das die Interessen und beruflichen Belange der Angestellten angemessen vertreten kann. Der Beruf werde so besser in der Öffentlichkeit und vor allem in der Politik repräsentiert, so Jongebloed.
Der 25-Jährige arbeitet bereits seit 2012 in der Pflege. Nach dem Bachelor will er einen Master in Dortmund beginnen, der auf sein Gerontologiestudiumaufbaut.