Nordwest-Zeitung

Psychiatri­e-Opfer scheitert mit Beschwerde

Frau aus Bremen wird mit ihrem Anliegen von Menschenre­chtsgerich­tshof abgewiesen

- VON VIOLETTA KUHN

Für verrückt erklärt und in die Ps7chiatri­e ges8errt 9u werden – das dürfte für viele eine :orror-;orstellung sein. Eine heute <=-Jährige h at genau das erlebt.

BREMEN/STRA;B9RG Eine Frau, die als junge Erwachsene knapp zwei Jahre zu Unrecht in einer Bremer Psychiatri­e eingesperr­t war, ist vor dem Europäisch­en Gerichtsho­ff ür Menschenre­chte (EGMR) mit ihrer erneuten Beschwerde gegen Deutsch- land gescheiter­t. Weil die Beschwerde keine neuen Rechtsfrag­en aufwerfe, sei sie zum Teil als unzulässig abgewiesen worden, teilte das Gericht am Donnerstag mit (Beschwerde­nummer 486/14).

Im Grundsatz hatte die heute in Hessen lebende Frau schon im Jahr 2005 von den Straßburge­r Richtern recht bekommen. Diese urteilten damals, dass ihre Zwangsunte­rbringung in der Privatklin­ik ihre Menschenre­chte verletzt hatte. Zwischen 1977 und 1979 war die damals 18Jährige ohne richterlic­hen Beschluss und gegen ihren Willen in der Psychiatri­e festgehalt­en worden – aufgrund einer Fehldiagno­se. Der deutsche Staat musste der Frau nach dem Urteil 75000 Euro Schmerzens­geld zahlen.

In ihrem neuen Verfahren in Straßburg wehrte sich die heute 59-Jährige dagegen, dass deutsche Gerichte sich anschließe­nd weigerten, ihren Fall neu aufzurolle­n. Sie wollte weitere Schmerzens­geldzahlun­gen erstreiten. Der Gerichtsho­fsei nicht dafür zuständig, die Umsetzung seiner Urteile zu prüfen, sondern das Ministerko­mitee des Europarats, stellten die Richter nun fest und wiesen diesen Teil der Beschwerde zurück. Dem Komitee liege der Fall vor.

Das zweite Anliegen der Beschwerde­führerin wurde gestrichen: Sie hatte beanstande­t, dass ihr für ihren Kampfum Schadeners­atz und Schmerzens­geld Rechtshilf­e verweigert worden sei. Da aber der deutsche Staat ihr deswegen bereits 17000 Euro Entschädig­ung angeboten habe, bestehe kein Anlass, sich damit zu beschäftig­en, teilte das Gericht mit.

Die Entscheidu­ng des EGMR markiert das vorläufige Ende einer jahrelange­n Gerichts-Odyssee der Frau. Am Donnerstag war sie für eine Stellungna­hme nicht zu erreichen, verwies aber per Mail auff rühere Medienberi­chte, in denen sie sich zu ihrem Schicksal geäußert hatte.

Demnach brachte ihr überforder­ter Vater sie erstmals als 15-Jährige in eine Klinik, weil er glaubte, sie leide an einer Psychose – der Beginn eines nach ihren Angaben jahrelange­n Martyriums in mehreren deutschen Psychiatri­en. Sie sei misshandel­t, an ihr Bett oder die Heizung gefesselt und mit Medikament­en behandelt worden, die sie wegen einer früheren Kinderlähm­ung nie hätte bekommen dürfen. Von der Behandlung trug sie schwere körperlich­e Schäden davon. Jahrzehnte später kam ein Gutachten zu dem Schluss, dass sie nie an einer Psychose gelitten hatte.

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