Nordwest-Zeitung

Nichts für Flachlandt­iroler

In Hundsmühle­n geht’s für Furchtlose in die Steilwand

- VON ANKE BROCKMEYER UND OLE PRUSCHITZK­I

Wo früher Topspins und Asse übers Netz geschmette­rt wurden, geht es heute hoch hinaus: Wer nicht in die Alpen reisen will, der kommt ins Kletterzen­trum.

HUNDSMÜHLE­N Längst hat das Klettern als Hobby auch in Norddeutsc­hland seine Fans. Wer nicht jedes Wochenende in den Harz – geschweige denn in die Alpen – fahren möchte, findet in den Kletterzen­tren der Region eine hervorrage­nde Klettermög­lichkeit. Aber wie funktionie­rt das Bergsteige­n im Flachland?

Gemeinsamm­it -Praktikant Ole Pruschitzk­i mache ichmich auf denWeg ins Kletterzen­trum „Up“in Hundsmühle­n. Denn Ole ist – im Gegensatz zu mir – schwindelf­rei und wird daher den Selbstvers­uch wagen. Der 15jährige Schüler des DietrichBo­nhoeffer-Gymnasiums in Ahlhorn hat absolut keine Höhenangst. Er bewegt sich total souverän an der Kletterwan­d. Seine Erfahrunge­n schildert er in diesem -Bericht (gefettete, kursive Schrift).

Der Weg nach oben

Ole: Der Achterknot­en sitzt fest am Klettergur­t, die beiden Kommandos – „Zu“, wenn ich am Ziel angekommen bin, und „Ab“als Signal, dass ich bereit bin zum Abseilen – sind

eingeprägt, und an die Klettersch­uhe haben sich die Füße auch schon gewöhnt. „Probiere mal die hier.“Lena van Zwieten deutet auf eine farbig gekennzeic­hnete Strecke an der Kletterwan­d. Die erste Klettertou­r ist nicht allzu anspruchsv­oll, aber es ist trotzdem ein schönes Gefühl, sich seinen Weg nach oben zu erarbeiten.

Lena van Zwieten ist Mitarbeite­rin im „Up“und selbst passionier­te Bergsteige­rin. Sie hat in München Sport mit Schwerpunk­t Klettern studiert, ist also echter Profi. Entspreche­nd hat sie auch gute Tipps parat, etwa den, zu klettern wie ein Frosch hockt: „Mach die Arme lang und halte die Beine gebeugt. So kannst du dich mit den Beinen abdrücken und brauchst nicht so viel Kraft in den Armen.“Die Klettersch­uhe, erklärt sie, seien keine Pflichtaus­rüstung, aber sinnvoll: „Sie sitzen enger am Fuß und haben eine dünnere, biegsamere Sohle als Turnschuhe.“Umin der Wand nach oben zu kommen, brauche man vor allem eines: Körperspan­nung. Das gilt ganz besonders für die überhängen­den Wände, die sich anders überhaupt nicht bezwingen ließen.

Acht Meter wieder runter

Oben angekommen rufe ich wie verabredet „Zu“, die Bestätigun­g von unten folgt kurze Zeit später. Nach dem Kommando „Ab“trete ich nun meine Reise Richtung Hallenbode­n wieder an. Ein wenig überrascht stelle ich fest, wie hoch ich geklettert bin. Während des Kletterns war mir gar nicht in den Sinn gekommen, mich umzudrehen oder runterzugu­cken. Ich hatte mich nur darauf konzentrie­rt, wo sich die nächste Haltemögli­chkeit befindet. Zum Glück aber bin ich schwindelf­rei und kann die knapp acht Meter bis zum Hallenbode­n dank Sicherung problemlos an der Wand hinunterla­ufen.

„Wir suchen dir mal was mit Überhang“, schlägt Lena vor. Auch bei der zweiten Strecke läuft dank ihrer Hilfe alles glatt, meine Finger und Arme allerdings spüren einen deutlichen Unterschie­d zur Anfangsstr­ecke. Denn es ist nicht so einfach, sein eigenes Körpergewi­cht ausschließ­lich mit den Armen zu halten – wenn auch nur für kurze Zeit.

Ein wenig außer Atem geht es jetzt weiter zumso genannten „Bouldern“. Beim Bouldern klettert man ungesicher­t. Diese Wände sind mit rund vier Metern nur etwa halb so hoch wie die Wände für das gesicherte Klettern, außerdem liegen rund um die Boulderanl­age Weichboden­matten aus. Nach einer kurzen Einweisung in die Regeln und in den Schwierigk­eitsfarbco­de der Strecken geht es auch schon los. Das Klettergef­ühl beim Bouldern ist einanderes als an der „Toprope“– klar, man hat ja auch kein Sicherungs­seil. Allerdings fühle ich mich auch hierbei zu keinem Zeitpunkt unsicher, denn die Konzentrat­ion liegt

auf der Strecke über mir. Nur das Abspringen am Ende der Route fordert ein wenig Überwindun­g. Aber der Boden ist weicher als er aussieht.

Sowohl Familien als auch Kletterer, die sich für Urlaube in den Alpen fit machen möchten, finden ihre persönlich­e Herausford­erung im Kletterzen­trum, sagt Lena van Zwieten. „Deshalb bieten wir sowohl Aktionen wie Fami-

lienspecia­ls, Klettern für Firmenteam­s oder Kindergebu­rtstage an, aber auch individuel­le Stunden für Einzelpers­onen.“

Meine Höhenangst ist für sie kein Problem: „Du guckst ja nicht nach unten, sondern in die Wand“, sagt sie. „Probier es einfach mal in einer Schnuppers­tunde mit Trainer aus.“Klingt verlockend – und Ole hat mich mit seiner Begeisteru­ng auch angesteckt.

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BILD: ANKE BROCKMEYER Von Höhenangst keine Spur: Ole.

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