Nordwest-Zeitung

Wenn ein altes Klapprad zum Ärgernis wird

70. Auflage erhält viel Zustimmung – Junge Reiter machen Hoffnung – 13 Richter ausgetausc­ht

- VON OTTO-ULRICH BALS

RASTEDE Was für eine große Feier. Am runden Geburtstag standen beim Landesturn­ier gleich 106 Prüfungen auf dem Programm. Dass es da im Trubel einer Großverans­taltung an der einen oder anderen Stelle aufgeregt zuging, versteht sich von selbst. Dass dabei aber der Diebstahl eines alten Klapprades, mit dem der Turnierche­f Jan-Christoph Egerer (51) gern mal zu einer der vielen Siegerehru­ngen radelte, als eines der größeren Ärgernisse in die Chronik der 70. Auflage eingehen wird, sagt einiges über die Vitalität des Turnier-Riesen aus.

„Ich glaube, wir haben einen ganz guten Job gemacht“, sagt Michael George (64), Vorsitzend­er des Oldenburge­r Reiterverb­andes. Anerkennen­de Worte gab es zumindest zuhauf. So bemühte beispielsw­eise ein Zuchtleite­r aus Schleswig-Holstein einen drastische­n Vergleich. Das eigene Landesturn­ier sei in puncto Organisati­on, Qualität und Stimmung vom Oldenburge­r so weit entfernt wie etwa der Mond von der Erde. Glückwunsc­h! Rastede sei einfach nicht mehr zu toppen, so seine Worte.

Egerer und George wissen gleichwohl: Auch wenn sie es Jahr für Jahr nicht allen recht machen können, so wurden auch diesmal die unzähligen Stellschra­uben mit sehr viel Feingefühl bewegt. So mussten beispielsw­eise laut der Leistungsp­rüfungsord­nung (LPO) der Reiterlich­en Vereinigun­g FN turnusgemä­ß in diesem Jahr 13 Richter aus Objektivit­ätsgründen ausgetausc­ht werden. Speziell für die Dressur-Wettbewerb­e ist das von Bedeutung, sollen die Prüfungser­gebnisse später nicht anfechtbar sein.

Auch sportlich passten die Leistungen in den guten Gesamteind­ruck. Das lag nicht allein an den sonnigen Tagen, der rekordverd­ächtigen Besucherza­hl (etwa 33 000 an den sechs Tagen) oder der Glanzleist­ung des OK-Teams um Chef Torsten Schmidt.

So sah etwa das Fachpublik­um nicht ein unschönes Bild in den A- und L-Prüfungen der Vielseitig­keit. Und auch die in Rastede anwesenden jungen Reiter präsentier­ten sich auf einem erfreulich guten Level. „Wir haben natürlich auch ausgesiebt“, räumt George ein und bezieht sich dabei auf die zuvor traditions­gemäß durchgefüh­rten fünf Sichtungst­urniere. Die 30 besten Paare durften im Schlosspar­k vorreiten und sowohl Pferd als auch Reiter wurden dem hohen Anspruch des Turniers durchaus gerecht.

Diesem Niveau hinkt der Hauptplatz – das Kernstück des Landesturn­iers – noch hinterher. Die Abtragung des Walles (auch zum Leidwesen einiger Vielseitig­keitsreite­r) und die damit verbundene Erweiterun­g des Springplat­zes dürften dabei nur ein erster Schritt auf Weg zu Schaffung eines profession­ellen Untergrund­s für die wertvollen Vierbeiner sein. Nicht wenige Pferde, im Gegenteil: Eine Vielzahl der Pferde, die auf dem Schlosspla­tz präsentier­t wurden, verkörpert­en leicht und locker einen Wert im mittleren sechsstell­igen EuroBereic­h.

„Der Sport hat sich gewandelt, die Ansprüche insgesamt sind heute sehr hoch“, sagen Egerer und George unisono. Beim 71. Geburtstag wird das nicht anders sein, denn Alter schützt vor Wandel nicht.

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BILD: REMMERS Eingespiel­tes Team: Michael George (links) und Jan-Christoph Egerer

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