Swischen Reit- und Uniprüfungen
Anna-Lisa Theile über ihren Alltag zwischen Beruf, Studium und Pferden
5ie 23-Jährige arbeitet in 5üsseldorf, studiert in Münster, lebt in Vechta. Und sie brennt vor allem für eines: die Reiterei.
RASTEDE Wer Anna-Lisa Theile zwischen den Prüfungen im Rasteder Schlosspark antreffen will, der muss ein wenig Glück haben. „Ich sitze danach oft im LKW und lerne am Laptop“, erzählt die 23Jährige, nachdem sie eiligen Schrittes das Pressezelt auf dem Oldenburger Landesturnier betreten hat. „Ich kann ganz schnell abschalten. Alles rechts und links ausblenden. Das hilft mir auch im Viereck“, sagt die Dressurreiterin, lächelt und guckt dabei nochmal kurz auf ihr Handy. Vielleicht gibt es etwas Neues.
Es reichen wenige Minuten, um zu merken, was da für ein Energiebündel das Zelt betreten hat. Nächste Woche, erzählt die Reiterin des RV Ahlhorn, geht es nach Orlando für sechs Tage. Leadership-Konferenz von ihrem Arbeitgeber, einer Unternehmensberatung in Düsseldorf. „Davor und danach habe ich Prüfungen“, berichtet sie. Bei ihrem Master in „Finance & Accounting“, den sie in Münster absolviert, sei gerade Klausurenphase. „Ich muss deswegen die Pausen nutzen, um so gut es geht zu lernen. Das habe ich mir über die Jahre antrainiert, das klappt gut.“
Trainiert. Das hat Anna-Lisa Theile von klein auf. „Als ich nur ein paar Wochen alt war, hat meine Mama mich schon auf ein Pferd gesetzt. Mit zweieinhalb Jahren hatte ich mein erstes Pony, mit vier Jahren meinen ersten Armbruch“, erzählt sie lachend. Mit „neun oder zehn Jahren“sei sie das erste Mal in Rastede am Start gewesen.
In Großenkneten aufgewachsen und im RV Ahlhorn groß geworden, war allein durch die Reitbegeisterung von Mutter Anja früh klar, dass Pferde eine prägende Rolle in Anna-Lisas Leben
einnehmen werden. Heute haben die beiden ein stattliches Familienunternehmen aufgebaut – mit Erfolg. „Wir kaufen jüngere Pferde, die Großen liegen preislich außer Reichweite, und bilden sie aus. Das ist schon etwas Besonderes, weil meine Mama und ich alles alleine organisieren, trainieren, planen. Wir sind aber ein tolles Team“, sagt die Tochter.
Auf einem Hof in Vechta stehen seit 17 Jahren die Pferde der Theiles, ein „zweites Zuhause“, wie Anna-Lisa bestätigt. Erfolge mit diesen jungen, selbst trainierten Pferden „geben mir viel mehr als mich auf ein fertiges Pferd zu setzen“. Sie sei stolz darauf, dass sie inzwischen sogar bei der Großen Tour in Rastede satteln könne, „das ist einfach nicht selbstverständlich“.
Das zeigte sich auch in diesem Jahr. „Stromberg hat vor der Kulisse zugemacht“, berichtet sie von der Inter II, einer S***-Prüfung am Samstagabend.
Mit dem zwölfjährigen Wallach hatte sie sich mehr ausgerechnet, die große Kulisse machte sowohl Pferde als auch Reiterin aber etwas nervös. „Diese Erfahrungen gehören jedoch zur Ausbildung dazu“, sagt sie – und dafür hatte die Reiterin ja noch drei weitere Pferde beim Landesturnier dabei. Auf Sossusvlei lief es beim Oldenburger Championat für 6-Jährige mit Platz zwei „sehr, sehr gut, da gab es sogar ein paar Freudentränen, weil es unerwartet kam“. Auch auf Wallach Stone Magic kam sie im Championat für 4-Jährige auf den zweiten Rang. Nicht zuletzt nahm sie mit Showdancer, einem achtjährigen Westfalen, am Prix St. Georges (Klasse S*) teil, kam hier auf Platz 13.
„Rastede ist das schönste und anstrengendste Turnier des Jahres“, sagt die 23-Jährige. Unzählige Erinnerungen verbinde sie mit dem Schlosspark, vor allem, dass sie hier im Jahr 2015 auf dem Hauptplatz ihr Goldenes Reitabzeichen verliehen bekam. 2016 folgte dann ihr persönlich größter Erfolg – Mannschaftseuropameisterin mit den Jungen Reitern. Ende 2016 verkaufte sie Ducati, ihr damals bestes Pferd. „Mit 21 steht man am Scheideweg, ob man mit der Reiterei zum Beispiel bis zu den Olympischen Spielen will oder es als professionelles Hobby weiterbetreibt“, meint Theile. Sie entschied sich für Letzteres, musste danach für ein halbes Jahr aus beruflichen Gründen deutlich kürzertreten, ging anschließend für drei Monate auf Weltreise.
Seit diesem Jahr intensiviert das Energiebündel wieder den Sport, auch weil ihr Job gut im „Home Office“zu erledigen ist. „Ich brenne für die Reiterei, aber auch für Arbeit und Studium“, sagt sie – und eilt zurück in Richtung LKW. Die nächsten Prüfungen stehen schließlich schon kurz bevor . . .