„Fliegendes Auge“der Feuerwehr
Wie Niedersachsen Waldbrände verheerenden Ausmaßes verhindern will
Oine Landmaschine, die Staub aufwirbelt, oder steht dort eine Rauchsäule über dem Acker? Der Feuerwehr-Flugdienst überfliegt regelmäßig große Gebiete.
HILDESHEIM/LÜNEBURG 33 Grad, helle Schleierwolken, dahinter zeichnet sich das Hellblau des Himmels ab. „Super Sicht heute“, sagt Hartwig Martens vom Feuerwehr-Flugdienst. Er und seine Kollegen fliegen im Sommer über große Gebiete in Niedersachsen, um frühzeitig Brände vor allem in Wäldern und Mooren zu erkennen. Bei guten Verhältnissen sehen sie aus den Fenstern ihrer Cessna bis zu 70 Kilometer weit und können aufsteigende Rauchsäulen schnell erkennen.
Das sei aus der Luft einfacher als vom Boden aus, erklärt Martens. „Über dem Wald, der von oben ja dunkel aussieht, können wir den hellen Rauch gut erkennen.“Wenn die Feuerwehr dorthin fahre, könne sie auch aus nur 400 Metern Entfernung noch keinen Rauch sehen. Denn er setze sich vor einem hell bewölkten Himmel kaum ab.
Vor mehr als 50 Jahren wurde der Feuerwehr-Flugdienst gegründet und ist nach Angaben des Landesfeuerwehrverbandes in dieser Form einmalig in Deutschland. Das Team fliegt nicht täglich, sondern nach Bedarf. Wenn der Waldbrandgefahrenindex eine der beiden höchsten Stufen – vier oder fünf – anzeigt, kann die zuständige Polizeidirektion Lüneburg ein Überfliegen bestimmter Gebiete anfordern.
Eines der beiden dafür genutzten Flugzeuge ist in Lüneburg stationiert, das andere in Hildesheim. Zu dritt macht sich das Team dann auf den Weg. Die Standardroute ist knapp 300 Kilometer lang. Damit können sie eine etwa 2400 Quadratmeter große Region überwachen.
„Guck’ mal da! Auf 13 Uhr. Ist das eine Landmaschine?“, fragt Pilot Martens seinen Feuerwehr-Kollegen Maik Buchheister, der rechts neben ihm sitzt. Ein prüfender Blick. „Ja, da macht nur einer sein Feld“, sagt Buchheister. Während des Flugs steht die Crew in Kontakt mit der Zentrale in Lüneburg, von wo ihnen mögliche Verdachtspunkte übermittelt werden. „Manche stellen sich bei näherem Hinsehen als Fehlalarm heraus“, beschreibt Martens, der jahrelang als Fluglotse tätig war.
Riesige Waldgebiete
An einem der heißesten Tage des Jahres geht es nun in der rot-weißen Maschine von Hildesheim zunächst in Richtung Harz. Dort werden riesige Waldgebiete kontrolliert. Bei jedem Kontrollflug ist auch ein Mitarbeiter der niedersächsischen Landesforsten dabei. Er verfolgt auf einem Tablet die Route und kann im Falle eines Brandes direkt die Koordinaten durchgeben. „Wir betrachten uns als fliegendes Auge der Feuerwehr“, beschreibt Maik Buchheister vom Landesverband.
Potenzielle Waldbrandgebiete gibt es in Niedersachsen vor allem in den Mooren, Wäldern und in der Heide im Nordosten. Dort wüteten 1975 die größten Brände der Nachkriegsgeschichte. Rund 8000 Hektar fielen dem Feuer damals zum Opfer. Infolge der Katastrophe wurde der Feuerwehr-Flugdienst weiter ausgebaut. Zwischenzeitlich waren sogar mehr als die zwei aktuellen Kleinflugzeuge im Einsatz. Das Land stellt für den Feuerwehr-Flugdienst pro Jahr 75 000 Euro zur Verfügung, vor allem um einsatzbedingte Kosten zu decken.
Wenn die Crew einen Brand entdeckt, meldet sie der örtlichen Feuerwehrleitstelle den Ort. Die Feuerwehr kann dann mit Löschfahrzeugen anrücken. „Wir würden gleichzeitig über dem Gebiet kreisen – notfalls zwei Stunden, bis der Sprit zur Neige geht“, erklärt Martens. Von oben können sie die Einsatzkräfte am Boden über Wege zu dem Brand lotsen oder zum Beispiel sagen, in welche Richtung sich das Feuer ausbreitet. „Das ist für die Kollegen unten sehr nützlich.“
Knapp 20 Kameras
Das Land verlässt sich bei der Kontrolle von Waldbränden nicht allein auf die Flüge. Mitarbeiter werten in der Waldbrandzentrale in Lüneburg Bilder von knapp 20 Kameras aus, um Rauch zu entdecken. Bis Ende Juli musste das Team wegen 348 Bränden die Feuerwehr alarmieren. Im gesamten Vorjahr waren es nur 163 Einsätze. Die Brandgefahr ist auch in vielen anderen Regionen enorm hoch.
Nach dem ersten Flug an diesem Tag kann sich die Crew am Flugplatz Hildesheim erstmal erholen. Waldbrände haben sie diesmal nicht gesichtet. Am späten Nachmittag werden sie zu einem zweiten Kontrollflug aufbrechen. Martens sagt: „Ab dem Nachmittag ist es wahrscheinlicher, dass wir Brände entdecken.“