Si zen wir zu lange beim Arz ?
Studie zu Terminvergabe und Wartezeit – Spahn verspricht mehr Geld
Wenn man mit Fieber und Kopfschmerz wieder nach Hause will, nervt das Zeitabsitzen. Angeblich kommen Privatpatienten schneller dran als gesetzlich Versicherte.
BERLIN enn ein Raum schon klingt wie Langweile pur: artezimmer! Und die Ablenkung in Boulevardblättern taugt nur bedingt: C-Promis können gar nicht genug erleben, Ex-Sportler und Musiker sich nicht oft genug verlieben und wieder trennen. Und häufig ist es nicht einmal leicht, überhaupt einen zeitnahen Arzttermin zu kriegen. Doch klagen Patienten zu Recht übers viele arten?
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sorgte jüngst für Furore, als er Ärzten mehr Geld für Sprechstunden ohne Terminvergabe versprach. Mediziner und Krankenkassen lehnten das ab. Experten sprechen von einer Phantomdebatte. So zählten die artezeiten in Deutschland im internationalen Vergleich zu den kürzesten.
In einem Papier für das issenschaftliche Institut der Privaten Krankenversicherung
( IP) schreibt die Sozialwissenschaftlerin Verena Finkenstädt, artezeiten seien im Gesundheitswesen unvermeidbar. So seien etwa Notfälle nicht planbar und führten zu artezeiten für Patienten mit festem Termin.
Allgemein gelte: „Je weniger Ärzte es gibt, desto mehr Patienten entfallen auf den einzelnen Arzt und desto länger ist die artezeit auf einen Termin.“Zudem gingen Patienten heute häufiger zum Arzt anstatt abzuwarten oder Hausmittel zu nehmen.
Das hat Folgen: Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) gaben bei einer Befragung im vergangenen Jahr nur noch 27 Prozent der Versicherten an, im Vorjahr ohne einen Tag artezeit einen Termin bekommen zu haben. In den Umfragen bis 2008 lag der Anteil stets bei mindestens 30 Prozent.
Und die KBV-Befragung birgt noch mehr interessante Details:
Nach wie vor sind demnach kurze artezeiten in den alten Bundesländern häufiger als in den neuen. Im Osten suchten Patienten allerdings öfter einen Arzt ohne Termin auf als im esten.
artezeiten von mehr als drei ochen betreffen häufiger Frauen.
Bei Hausärzten wartet die große Mehrheit höchstens drei Tage auf einen Termin, bei Fachärzten länger.
Bei HNO-Ärzten und Chirurgen gibt es schneller Termine als bei Frauen- und Hautärzten oder Orthopäden.
Die artezeiten in der Praxis sind demnach seit Jahren konstant. Nur jeder Elfte hätte im Vorjahr gar keine gehabt. Gut ein Drittel kam innerhalb einer Viertelstunde dran, fast genauso viele nach 30 Minuten. 17 Prozent verbrachten bis zu eine Stunde im artezimmer, 7 Prozent bis zu zwei Stunden und 2 Prozent noch länger.
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, sagt: „Studien sind das eine, die alltäglichen Erfahrungen vieler Patienten zeigen etwas anderes.“Manche gesetzlich Versicherten müssten monatelang auf einen Termin warten. „Auch, weil Privatpatienten für den Arzt schlicht lukrativer sind.“
Besonders schwierig sei die Situation für Alte und Pflegebedürftige. „Deshalb ist es wichtig, dass die Terminservicestellen ausgeweitet werden, Ärzte mehr Sprechstunden anbieten und Hausbesuche machen sollen.“
Unzufriedenheit wächst auch dann, wenn Patienten
lange in der Praxis warten müssen. „Ab 30 Minuten werden sie ungehalten“, sagt Pflegeexperte German Quernheim, der Kliniken berät und das Buch „ arten, aber richtig!“geschrieben hat. „ arten ist immer der Punkt neben Unfreundlichkeit und fehlenden Informationen, der die Unzufriedenheit von Patienten ansteigen lässt.“Ein Patient werde mit „Einen Moment noch“ins artezimmer geschickt. „Dann ist es aber kein Moment, ein solcher beträgt maximal 90 Sekunden.“
ichtig sei etwa in der Klinik-Notaufnahme zu wissen: „Nicht wer zuerst kommt, mahlt zuerst, sondern wer schlimmer dran ist.“Das müssten Krankenhäuser und Praxen klarmachen am besten mehrsprachig. Es gehe um Transparenz: „ enn der Patient den Grund gut nachvollziehen kann, hat er eher Verständnis“, sagt Quernheim.
Besser sei, offen zu sagen, wenn es länger dauert. Und Patienten zum Beispiel anzubieten, dass sie in die Stadt gehen können und angerufen werden, wenn sie an der Reihe sind. Oder im artezimmer für Ablenkung zu sorgen, etwa durch LAN. Quernheim: „ enn ich mich auf etwas anderes fokussiere, ist das arten nicht mehr so drückend.“