Tief im Keller
Die Union im dunklen Umfragekeller, der wochenlang erbittert geführte Streit über die Flüchtlingspolitik zeigt deutliche Wirkung. CDU und CSU sind auf Talfahrt, sie bleiben gemeinsam unter 30 Prozent. Die heftigen Auseinandersetzungen kommen bei den Wählerinnen und Wählern gar nicht gut an. Nicht die Union profitiert, sondern die Alternative für Deutschland. Der Versuch, die Rechtspopulisten auf diesem Wege zu überholen, ist gründlich schiefgegangen. Fast jeder Fünfte würde mittlerweile die AfD wählen.
In der CSU-Spitze steigt die Nervosität angesichts schlechter Umfragen, fürchtet man die absolute Mehrheit bei der Wahl. Unruhe auch in der CDU-Führung, schließlich wird Ende Oktober auch in Hessen gewählt, und so schwach wie aktuell stand die Union in den Umfragen bundesweit seit zwölf Jahren nicht mehr da.
Seehofers Wahlkampfmanöver, die Kanzlerin vor sich her und den Streit mit der Schwesterpartei auf die Spitze zu treiben, ist gründlich nach hinten losgegangen. Die CSU muss in Bayern um ihre absolute Mehrheit fürchten. Doch der Parteichef der Christsozialen scheint kein Einsehen zu haben. Seehofer beklagt eine Kampagne der Medien, sieht sich als Opfer und lässt Selbstkritik vermissen. Nicht die Medien haben selbst treue Anhänger der CSU empört und verschreckt, sondern der Parteichef und seine Vertrauten.
Bei seinem jüngsten Bierzeltauftritt am Donnerstagabend in Töging jedoch hörte man von ihm allerdings kein „Wir haben verstanden!“, sondern eher ein „Jetzt erst recht!“. Der CSU-Chef gibt sich angriffslustig, so als blase er bereits wieder zum nächsten Gefecht mit Angela Merkel und der Schwesterpartei CDU. Hier geht es längst nicht mehr um die Sache.
Schließlich weiß auch Seehofer, dass man in einer Koalition immer Kompromisse eingehen muss. Wenn der CSUVorsitzende jetzt auch noch in die Rolle eines oberbayrischen Donald Trump schlüpfen will, bis hin zu Politik via Twitter, in der falschen Hoffnung, so bei den Wählerinnen und Wählern zu punkten, wird sich die Talfahrt noch weiter fortsetzen.