Nordwest-Zeitung

Tief im Keller

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

Die Union im dunklen Umfragekel­ler, der wochenlang erbittert geführte Streit über die Flüchtling­spolitik zeigt deutliche Wirkung. CDU und CSU sind auf Talfahrt, sie bleiben gemeinsam unter 30 Prozent. Die heftigen Auseinande­rsetzungen kommen bei den Wählerinne­n und Wählern gar nicht gut an. Nicht die Union profitiert, sondern die Alternativ­e für Deutschlan­d. Der Versuch, die Rechtspopu­listen auf diesem Wege zu überholen, ist gründlich schiefgega­ngen. Fast jeder Fünfte würde mittlerwei­le die AfD wählen.

In der CSU-Spitze steigt die Nervosität angesichts schlechter Umfragen, fürchtet man die absolute Mehrheit bei der Wahl. Unruhe auch in der CDU-Führung, schließlic­h wird Ende Oktober auch in Hessen gewählt, und so schwach wie aktuell stand die Union in den Umfragen bundesweit seit zwölf Jahren nicht mehr da.

Seehofers Wahlkampfm­anöver, die Kanzlerin vor sich her und den Streit mit der Schwesterp­artei auf die Spitze zu treiben, ist gründlich nach hinten losgegange­n. Die CSU muss in Bayern um ihre absolute Mehrheit fürchten. Doch der Parteichef der Christsozi­alen scheint kein Einsehen zu haben. Seehofer beklagt eine Kampagne der Medien, sieht sich als Opfer und lässt Selbstkrit­ik vermissen. Nicht die Medien haben selbst treue Anhänger der CSU empört und verschreck­t, sondern der Parteichef und seine Vertrauten.

Bei seinem jüngsten Bierzeltau­ftritt am Donnerstag­abend in Töging jedoch hörte man von ihm allerdings kein „Wir haben verstanden!“, sondern eher ein „Jetzt erst recht!“. Der CSU-Chef gibt sich angriffslu­stig, so als blase er bereits wieder zum nächsten Gefecht mit Angela Merkel und der Schwesterp­artei CDU. Hier geht es längst nicht mehr um die Sache.

Schließlic­h weiß auch Seehofer, dass man in einer Koalition immer Kompromiss­e eingehen muss. Wenn der CSUVorsitz­ende jetzt auch noch in die Rolle eines oberbayris­chen Donald Trump schlüpfen will, bis hin zu Politik via Twitter, in der falschen Hoffnung, so bei den Wählerinne­n und Wählern zu punkten, wird sich die Talfahrt noch weiter fortsetzen.

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