Nordwest-Zeitung

Sonne knallt – aber kein Solarrekor­d

Aie sich die hohen Temperatur­en auf die verschiede­nen Energiefor­men auswirken

- VON TERESA DAPP

Die Hitzewelle ist nicht nur ein großes Problem für die Bauern. Auch in der Energiebra­nche sind die hohen Temperatur­en ein Thema: Warum ganz viel onne nicht ganz viel onnenstrom bedeutet – und weitere Hitzefakte­n.

BERLIN Eeutschlan­d schwitzt. Freuen darf sich, wer eine Klimaanlag­e im Büro oder im Auto hat, Eis in der Tiefkühltr­uhe oder Getränke frisch aus dem Kühlschran­k. 1,36 Milliarden Kilowattst­unden verbrauche­n die Deutschen derzeit etwa am Tag – und damit gut sechs Prozent mehr als im Schnitt in den beiden vergangene­n Sommern.

Die Stromverso­rgung sei trotz der Hitze nicht gefährdet, versichert das Wirtschaft­sministeri­um. Auch der Börsenstro­mpreis klettere deswegen nicht, sagt Christoph Podewils von der Denkfabrik Agora Energiewen­de – der Anstieg in letzter Zeit sei vor allem Folge der gestiegene­n Preise für Kohle und Gas und der erhöhten Preise für

den CO2-Ausstoß im Energiesek­tor in der EU. Auswirkung­en auf die Energiebra­nche haben die Temperatur­en aber trotzdem reichlich: c SOLAR

Die Sonne knallt den ganzen Tag, da müsste es doch Solarstrom ohne Ende geben – könnte man meinen. Aber so ist es nicht. Gut 44 Gigawatt Leistung sind in Deutschlan­d installier­t, die Anlagen liefern aber rund 24 bis 28 Gigawatt, also etwa zwei Drittel der möglichen Leistung. Der Grund: Der Wirkungsgr­ad der Anlagen nimmt mit zunehmende­r Temperatur der Module ab. Solarrekor­de werden daher eher an warmen, sonnigen Frühlingst­agen gemessen, nicht im Hochsommer. c WIND

Für die Windstrom-Branche sind es keine allzu guten Tage. An Land und im Meer sind die Anlagen weit davon entfernt, ihre theoretisc­he Höchstleis­tung von zusammen gut 58 Gigawatt zu liefern. Lang anhaltende Hitze- und Trockenper­ioden gehen meist auch mit lang anhaltende­n Hochdruckw­etterlagen einher, heißt es beim Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW). „Bei diesen

Wetterlage­n kommt der Wind praktisch zum Erliegen und damit auch die Stromprodu­ktion aus diesen Anlagen.“c BIOGAS

Nicht nur aus Biomüll, Gülle und Mist, sondern auch aus Pflanzen entsteht Biogas. Auf rund 1,4 Millionen Hektar in Deutschlan­d werden sie angebaut, vor allem Mais und Gras. Der Fachverban­d Biogas verweist darauf, dass die Ernte noch nicht abgeschlos­sen sei. Ausfälle seien aber schon spürbar. „Die Ernte von Acker- und Wiesengras ist extrem unbefriedi­gend“, sagt Geschäftsf­ührer Stefan Rauh. „Wenn – wie befürchtet – die Trockenhei­t anhält, bekommen Anlagen auf Basis von Grünland massive Probleme.“Auch bei Mais sei in vielen Fällen mit Einbußen über 50 Prozent zu rechnen.

Die Betreiber der Biogasanla­gen müssten sich Gedanken machen, wie und wann sie die vorhandene­n Substratme­ngen einsetzten und ob alternativ­e Substrate verfügbar sind. Möglich sei etwa, jetzt die Leistung zu drosseln und im Winter wieder hochzufahr­en, wenn der Bedarf an Wärme steige. Wärme ist in Biogasanla­gen ein Nebenprodu­kt der Stromerzeu­gung. „Klar ist

aber auch, dass eine Drosselung mit massiven wirtschaft­lichen Einbußen verbunden ist“, sagte Rauh. Existenzbe­drohende Szenarien seien möglich. c BRAUNKOHLE

Anders als Steinkohle muss Braunkohle nicht importiert werden, sondern wird in der Regel nahe am Tagebau zu Strom – entweder führen Fließbände­r oder kurze Schienenwe­ge direkt ins Kraftwerk. Auch mit der Kühlung gebe es keine Probleme, da dafür „Sümpfungsw­asser“, also Grubenwass­er aus dem Bergbau, verwendet werde, sagt ein Sprecher des Bundesverb­ands Braunkohle DEBRIV: „Es sind keine Leistungse­inschränku­ngen zu erwarten.“Die Nachfrage sei für Sommerverh­ältnisse „sehr groß“. c STEINKOHLE UND ATOM

Beide Kraftwerks­typen bekommen Probleme, wenn die Gewässer, die sie zur Kühlung nutzen, zu warm werden. In der Oberfläche­ngewässerv­erordnung ist geregelt, ab welchen Fluss-Temperatur­en die zuständige­n Wasserbehö­rden eine Drosselung von Kraftwerke­n verfügen können. „Je nach Größe und Typ des Gewässers sowie der jeweiligen Fischfauna liegt dieser Wert zwischen 18 und 25 Grad“, heißt es dazu beim BDEW. Zudem dürfe sich die Temperatur in einem Fließgewäs­ser durch das Einleiten von Kühlwasser um nicht mehr als drei Grad verändern.

PreussenEl­ektra etwa muss derzeit nach eigenen Angaben im Kraftwerk Brokdorf ein bis zwei Stunden am Tag die Leistung zum Schutz der Elbe um etwa zwei Prozent senken. Die Sicherheit der Atomkraftw­erke sei durch die Hitze in keiner Weise beeinträch­tigt, betonte eine Sprecherin.

BIOSPRIT

Wie die Biogas-Anlagen sind auch die Biosprit-Hersteller auf Energiepfl­anzen angewiesen. Ob und wie die maue Ernte von Getreide sich auswirke, ließe sich aber noch nicht vorhersage­n, erklärte eine Sprecherin des Bundesverb­ands der deutschen Bioethanol­wirtschaft. Denn auch aus Zuckerrübe­n entstehe Kraftstoff, und bis die geerntet würden, dauere es noch. Indes bräuchten die Rüben viel Wasser. Rohstoff-Knappheit und höhere Preise könnten sich zwar auf die BiospritPr­eise auswirken. Um zu sagen, ob es so komme, sei es aber noch zu früh.

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Egal ob Solarstrom, Windkraft oder Biogas – die Hitze hat auch große Auswirkung­en auf die Energiebra­nche.
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BILDER: DPA
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