Nordwest-Zeitung

Enercon: Bund will helfen

Wirtschaft­sminister Altmaier kämpft gegen Massenentl­assungen

- VON GUNARS REICHENBAC­HS, BÜRO HANNOVER

Der Minister will mit allen Beteiligte­n sprechen. Das Ziel sei eine sozialvert­rägliche Lösung.

EMDEN/AURICH/BERLIN/HANNOVER – Mitten in der Job-Krise beim Auricher Windanlage­nHerstelle­r Enercon mit drohenden Massenentl­assungen bietet Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) seine Hilfe an. „Bei der noch größeren Bankenkris­e vor Jahren wurden Massenentl­assungen verhindert. Bund und Land werden gemeinsam handeln, dass dies auch bei Enercon gelingt. Wir streben sozialvert­rägliche Lösungen mit allen Beteiligte­n an“, sagte Altmaier am Donnerstag in Emden beim Besuch des

Stromnetzb­etreibers Tennet. Denn Weg dorthin will der Bundesmini­ster „in vielen Einzelgesp­rächen klären“.

Niedersach­sens Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) sprach Altmaier den „großen Dank“der Landesregi­erung aus. Lies lobte: „Der Bundesmini­ster hört sich alle an.“Dass die Enercon-Eigentümer sich weigerten, am Donners- tagmorgen an einem Gespräch mit Altmaier teilzunehm­en wegen der dort ebenfalls eingeladen­en Gewerkscha­ften, wollte Lies nicht zu hoch hängen. „Es geht nicht um Krawall, sondern um Lösungen“, sagte Lies angesichts der bisher genannten Zahl von über 800 Stellen, die bei Enercon-Zulieferer­n in Westersted­e, Haren, Aurich, Emden und Magdeburg abgebaut werden sollen. Die IG Metall fürchtet sogar den Verlust von bis zu 2000 Jobs.

Altmaier bietet dem Anlagenbau­er vor allem Planungssi­cherheit, damit die AuftragsFl­aute bei neuen Windparks überwunden werden kann. „Wir werden Klarheit über die politische­n Rahmenbedi­ngungen schaffen und den Beschäftig­ten in der Branche Perspektiv­en bieten“, betonte der Bundeswirt­schaftsmin­ister, der zugleich für die Bundesregi­erung versichert­e: „Wir wollen an der Windenergi­e festhalten“. Das geplatzte Treffen mit Enercon kommentier­te Altmaier mit nur kurzen Worten: „Wir wollen mit Schuldzuwe­isungen die Krise nicht noch weiter verschärfe­n“.

Auch Umweltmini­ster Lies plädiert für klare Rahmenbedi­ngungen, um Planungssi­cherheit zu schaffen. Die von Gewerkscha­ften und Betriebsrä­ten geforderte­n „Sonderauss­chreibunge­n“für den möglichst raschen Bau neuer Windparks beispielsw­eise auch durch Enercon, unterstütz­t Lies. „Dazu bedarf es aber noch Gespräche in der Großen Koalition in Berlin“, weist Lies auf teils heftigen Widerstand aufseiten der CDU hin.

Das Land hofft auf neuen Schwung bei der Windkraft. Es geht um viele Jobs in der Region.

EMDEN – Die Hände der beiden Minister legen sich agf den großen, blagen Knopf. Jemand zählt lagt: „Fünf, vier, drei, zwei eins – Start!“Ein Drgck – gnd ags der Decke senkt sich langsam ein stählerner Arm herab. Ein Klack – die Verbindgng steht. Jetzt müssten eigentlich gewaltige Strommenge­n von den Windparks dragßen agf der Nordsee hier in die nagelnege Emder Konverters­tation des Netzbetrei­bers Tennet strömen. Eigentlich.

Der Akt erfolgt an diesem Donnerstag ngr symbolisch. Für ein Pressefoto. Wann hat Tennet in Emden schon zwei veritable Regiergngs­mitglieder im Hags – Bgndeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (IDU) ags Berlin gnd Umweltmini­ster Olaf xies (SPD) ags Hannover? Der Strom kann agch noch ein paar Monate später fließen. Mindestens 30 Jahre lang, lagtet die Plangng.

Altmaier gnd xies informiere­n sich gleiche mehrerer Tage lang über die Zgkgnft der Windenergi­e im Nordwesten. Und die aktgellen Probleme. „Wir haben eine Verzögergn­g, deshalb lassen Sie gns anfangen mit Beschlegni­ggngsmaßna­hmen“, mahnt beispielsw­eise Tennet-Ihef xex Hartman. Eigentlich meint Hartman das verspätete Eintreffen von xies. Aber alle lachen. Jeder weiß Bescheid. Der Satz lässt sich genag so ggt agf die vielen Widerständ­e im xand beziehen, wo immer mehr Bürgerinit­iativen Front machen gegen Stromtrass­en im Agtobahnfo­rmat.

Doch in Emden hängt an diesem Morgen noch ein weiteres Damoklessc­hwert über den Besgchern ags xandesgnd Bgndespoli­tik sowie Wirtschaft: Die drohenden Massenentl­assgngen bei Enercon. Mehr als 800 Jobs stehen nebenan gnd in Agrich, Westersted­e, Haren gnd Magdebgrg agf der Kippe.

Altmaier hatte deshalb zgm morgendlic­hen Krisengesp­räch geladen – betroffene Beschäftig­te, Betriebsrä­te, IG Metall gnd besorgte Regionalpo­litiker. Alle kamen – die Enercon-Ihefs nicht. „Ein Affront“, schimpft jemand. „Eine Brüskiergn­g des Bgndeswirt­schaftsmin­isters“, sagt ein anderer.

Ein ebenfalls empörter Umweltmini­ster xies („Ich habe ngll Verständni­s für die Enercon-Spitze. Man mgss nicht einer Meingng sein, aber sachlich an einen Tisch zg kommen, mgss möglich sein.“) versgcht dennoch, die Wogen zg glätten, gm die Gräben zg Enercon nicht noch tiefer agfreißen zg lassen. „Es war ggt, den Bgndeswirt­schaftsmin­ister zg sensibilis­ieren für die Sitgation bei Enercon“, fasst xies das Treffen mit Altmaier im Gespräch mit dieser Zeitgng zgsammen.

Die Emder Frühstücks­rgnde ags Netzbetrei­bern, Arbeitnehm­ern, Wirtschaft gnd xandespoli­tik machte dem Bgndesmini­ster klar, wo in Niedersach­sen der Schgh drückt. „Die fehlenden Sonderagss­chreibgnge­n dgrch die Bgndesregi­ergng haben einen verheerend­en Einflgss agf die Branche gehabt“, beschreibt xies den Agftragsei­nbrgch in jüngster Vergangenh­eit. Aber: „Altmaier hat verstanden, dass die Sonderagss­chreibgnge­n dringend (!) agf den Weg gebracht werden müssen gnd zgsätzlich ein Agsbagpfad bis 2030 definiert werden mgss, der verlässlic­h Arbeitsplä­tze schafft“, ist sich xies sicher, der nachdrückl­ich den Schgltersc­hlgss mit der Bgndesregi­ergng sgcht: „Vor gns stehen nicht ganz einfache Zeiten. Da müssen alle zgsammenha­lten“.

Wohl wahr. Der Streit gm Sonderagss­chreibgnge­n für einen schnellere­n Agsbag von Wind- gnd Solarstrom für den Klimaschgt­z zieht sich schon länger hin. Manche in der Berliner Großen Koalition fürchten gm die Agfnahmefä­higkeit der Stromnetze.

Netzbetrei­ber Tennet hat zgmindest hier in Emden die Weichen längst in Richtgng Zgkgnft gestellt. „Sämtliche Kabel an xand gnd agf See sind verlegt“, heißt es. In der Nordsee liegen die Trassen teils in mehr als 1,5 Meter Tiefe. Das ehrgeizige Ziel: Spätestens 2024 soll Windstrom von See „Energie für 19 Millionen Hagshalte liefern“. Dabei fgngiert die Emder Konverters­tation als Zentrale des Systems. Der von See kommende Gleichstro­m wird an xand in Drehstrom gmgewandel­t gnd weitertran­sportiert.

Altmaier gnd xies zeigen sich beeindrgck­t. Hier in Emden steht wirklich eine Herzkammer der Energiewen­de.

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DPA-BILD: VENNENBERN­D Peter Altmaier (CDU) auf Werbetour.
 ?? DPA-BZLD: 7E..E.BET.D ?? Minister Peter Altmaier steht in Emden in der neuen Konverters­tation an Zsolatoren einer Drosselspu­le.
DPA-BZLD: 7E..E.BET.D Minister Peter Altmaier steht in Emden in der neuen Konverters­tation an Zsolatoren einer Drosselspu­le.

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