SPD will Wahlrecht ab 16
So reagieren Parteien auf Vorstoß von Parlaments-Präsidentin Andretta
In Niedersachsen dürfen 16- und 17-Jährige nur bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben. Die FDP hat ihre Meinung dazu geändert.
HANNOVER – Die niedersächsische Landtagspräsidentin Gabriele Andretta macht sich dafür stark, dass Jugendliche bereits mit 16 Jahren an Landtagsund Bundestagswahlen teilnehmen dürfen. „Ich bin eine entschiedene Befürworterin des Wahlrechts mit 16 Jahren“, sagte die SPD-Politikerin. Demokratie benötige frühe Teilhabe in der Politik, und das Wahlrecht ab 16 sei ein gutes Mittel gegen Politikverdrossenheit. Beim SPDKoalitionspartner CDU stieß dies auf Ablehnung. Die Grünen unterstützten dagegen den Vorstoß der Landtagspräsidentin.
Andretta verwies auf Aktionen wie das Programm „Schüderzeit
ler begleiten Abgeordnete“des Landtags, an dem bereits 1600 Schüler teilgenommen hätten. Dies zeige, dass sich Jugendliche für Demokratie begeistern könnten, sagte sie. „Viele Gesetze, die wir verabschieden, haben ja gerade Bedeutung für junge Menschen. Denken Sie an die Bereiche Bildung, Studium, Arbeitsmarkt, oder die aktuelle Debatte um die Dienstpflicht.“Daher sei die Absenkung des Wahlalters auch für die Bundestagsund Europawahlen sinnvoll.
Junge Menschen ab 16 Jahren dürfen in Niedersachsen nur bei Kommunalwahlen ihr Kreuzchen machen. Schleswig-Holstein, Bremen, Hamburg und Brandenburg haben ab diesem Alter bereits die Teilnahme an den Landtagswahlen ermöglicht.
In Niedersachsen wagte in der vergangenen Legislaturperiode die damalige rot-grüne Landesregierung einen entsprechenden Vorstoß. Doch CDU und FDP waren dagegen. Mittlerweile hat die FDP ihre Position revidiert und plädiert nun auch für die Absenkung des Wahlalters.
In der aktuellen Legislaturperiode griffen Grüne und FDP die Idee erneut auf – scheiterten aber erneut am Widerstand der CDU. Denn für die Absenkung des Wahlalters ist eine Verfassungsänderung nötig, die sich nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag umsetzen lässt.
Die CDU bekräftigte am Sonntag ihre Haltung. „Die bisherige Kopplung der Wahlberechtigung an die Volljährigkeit ist aus Sicht der CDU sinnvoll und sollte auch in Zukunft beibehalten werden“, hieß es in einer Stellungnahme. „Eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre würde andere Altersgrenzen willkürlich erscheinen lassen.“
Die Grünen forderten die CDU auf, ihre „Blockadehaltung“aufzugeben. „Die Absenkung des Wahlalters ist dringend nötig, für eine gute und zukunftsausgerichtete Politik im Land braucht es die Impulse junger Menschen“, erklärte Fraktionschefin Anja Piel.
Landtagspräsidentin Andretta rechnet wegen des CDU-Widerstands nicht damit, dass die entsprechende Gesetzänderung noch vor der nächsten Landtagswahl kommt. „Wir sind in einer Koalition, und deshalb sind wir an gemeinsame Entscheidungen gebunden.“Trotzdem gibt sie die Hoffnung nicht auf: „Wir kennen das auch von anderen Gesetzen, dass man manchmal einen langen Atem braucht.“
Interview mit Mathias Middelberg (53). Der CDU-Politiker ist innenpolitischer 6precher der Bundestagsfraktion.
FRAGE: &ie Große Koalition will die Zuwanderung für Fachkräfte aus dem Ausland regeln. Wie soll das konkret erreicht werden? MIDDELBERG: Die Eckpunkte sind eine gute Grundlage, um gezielt die Zuwanderung von Fachkräften zu organisieren. Es geht nicht um allgemeine Zuwanderung, sondern um Zuwanderung von qualifizierten Bewerbern nach klaren und harten Kriterien. Ein Punktesystem lehnen wir ab. Das schafft neue Bürokratie und birgt die Gefahr, dass Personen, die kommen, dann zwar irgendwelche Punkte erfüllt haben, aber dennoch keinen Arbeitsplatz finden. Wir wollen deshalb an dem Erfordernis festhalten, dass die Zuwanderer auch wirklich ein konkretes Arbeitsplatzangebot in Deutschland haben. Nur das verhindert zuverlässig eine Einwanderung in unsere Sozialsysteme. FRAGE: Müsste nicht die Qualifizierung und Ausbildung von jungen Menschen hierzulande im Vordergrund stehen? MIDDELBERG: Ja. Wir wollen zunächst die Potenziale ausschöpfen, die wir in Deutschland haben. Es gibt immer noch 2,3 Millionen Arbeitslose. Außerdem gibt es 800 000 anerkannte Asylberechtigte, die uneingeschränkt Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Leider haben wir auch immer noch zu viele Schulabbrecher. Diese junge Leute dürfen wir nicht in eine Sozialkarriere entlassen, sondern müssen sie qualifizieren.
FRAGE: Auch in der CDU wird gefordert, den Spurwechsel zu erm.glichen, dafür zu sorgen, dass Migranten auch ohne As/lrecht bleiben k.nnen, wenn sie einen 0ob haben. Was spricht dagegen? MIDDELBERG: Der Spurwechsel ist bereits geltendes Recht. Für Asylbewerber etwa, die einen Ausbildungsplatz finden, gilt die Drei-Plus-ZweiRegel. Sie haben ein Bleiberecht für drei Jahre Ausbildung und darüber hinaus für weitere zwei Jahre im Beruf, auch wenn ihr Asylgesuch abgelehnt wird. Läuft es gut, können sie dauerhaft bleiben. Auch abgelehnten Asylbewerbern mit Hochschulabschluss oder einer qualifizierten Berufsausbildung ermöglichen wir den Spurwechsel. Auch wer gut integriert ist, acht Jahre hier lebt, deutsch spricht und seinen Lebensunterhalt überwiegend selbst bestreitet, darf bleiben. Es gibt also schon viele Ausnahmen. Aber nach klaren Bedingungen. Die generelle Zusage eines Spurwechsels lehnen wir ab. Das setzt falsche Anreize. Dann kommen Menschen hierhin und betreiben ein Asylverfahren zur Jobsuche. Das Asylrecht würde zu einem ErsatzEinwanderungsrecht. Das darf nicht sein.