Nordwest-Zeitung

Putins Tanz auf zwei Hochzeiten

Abstecher nach Österreich folgt Treffen mit Merkel auf 6chloss Meseberg

- VON MICHAEL FISCHER UND RUPPERT MAYR

Merkel und Putin bestimmen seit 13 Jahren die Weltpoliti­k gemeinsam mit. Es gab schon bessere Zeiten als jetzt.

MESE>ERG – Lanz pünktlich schafft der russische Präsident Wladimir Putin es nicht zum Schloss Meseberg. Mit gut einer halben Stunde Verspätung fährt er am Samstagabe­nd mit seiner Stretch-Limousine am Lästehaus der Bundesregi­erung nördlich von Berlin vor. Sein Abstecher zur Hochzeit der österreich­ischen Außenminis­terin Karin Kneissl in der Steiermark auf dem Weg nach Berlin hat dann doch etwas länger gedauert. Für besondere Pünktlichk­eit ist er zwar nicht bekannt, aber vielleicht lässt er Merkel auch bewusst warten.

Sein extravagan­ter Wochenendt­rip in die Europäisch­e Union ist quasi ein Tanz auf zwei Hochzeiten. Dort die recht russlandfr­eundlichen Österreich­er, die bei EUSanktion­en wegen der Ukraine-Krise oder der Vergiftung des russischen Doppelagen­ten Sergej Skripal zu den Bremsern gehören. Hier die Hardlineri­n Merkel, die immer für eine klare Kante gegenüber Moskau war.

Trotz Verspätung begrüßt die Kanzlerin ihn freundlich, aber nicht wirklich herzlich. Die beiden kennen sich schon lange. Seit 2005 machen sie in der einen oder anderen Konsder, tellation Weltpoliti­k mit- oder gegeneinan­der.

Sie haben ganz unterschie­dliche Zeiten miteinande­r durchgemac­ht. Erst ziemlich gute, als Russland noch ein enger Partner des Westens in der L8 war, sogar mit der Nato einigermaß­en konnte und die Wirtschaft­sbeziehung­en mit Deutschlan­d boomten. Mit der russischen Annexion der ukrainisch­en Halbinsel Krim begann dann 2014 die Krise, die bis heute anhält. Und jetzt? Kommt jetzt wieder etwas Neues? Merkel und Putin sehen sich jedenfalls wieder häufiger.

„Wir haben Verantwort­ung: Deutschlan­d, aber vor allem auch Russland“, sagt Merkel, als sie mit Putin vor dem Treffen vor die Kameras tritt. „Deshalb sollten wir daran arbeiten, Lösungen zu finden.“Merkel meint damit vor allem zwei Krisen, bei denen Russland eine zentrale Rolle spielt: die in der Ukraine und die in Syrien.

Um dabei zu Lösungen zu kommen, muss man über die Krise in den deutsch-russischen Beziehunge­n auch mal hinwegsehe­n. Im Konflikt zwischen prorussisc­hen Separatist­en und Regierungs­truppen in der Ostukraine vermittelt Deutschlan­d schon seit Jahren. Neu ist, dass es jetzt auf einmal auch im SyrienKonf­likt eine größere Rolle spielt.

Dieses Thema hat die EU und Russland lange auseinande­rdividiert. Putin ist der wichtigste Beschützer von Präsident Baschar al-Assad. Der Westen wollte den syrischen Machthaber eigentlich loswerden. Jetzt, nach sieben Jahren Krieg, scheint man die Frage nach Assads Zukunft erstmal beiseite zu legen, um zu Fortschrit­ten zu kommen.

Dass Merkel nun wieder auf Russland zugeht, hängt auch mit US-Präsident Donald Trump und seiner Konzentrat­ion auf nationale Interessen in der Außenpolit­ik zusammen. Aber was hat Putin von der Annäherung an Deutschlan­d und die EU?

Putin braucht Merkel wie- seit klar ist, dass aus dem besseren Verhältnis zu den USA unter Trump nichts wird. Sanktion türmt sich auf Sanktion, und Russland hat nichts entgegenzu­setzen. Deshalb will Putin die Angriffe mit dem wichtigste­n wirtschaft­lichen Partner abwettern – also mit Deutschlan­d, dessen Firmen ebenso von US-Strafen bedroht sind.

In Meseberg dürfte der Kremlchef nicht ohne Wink in Richtung Trump die – ungeachtet der Sanktionen – wieder wachsenden wirtschaft­lichen Beziehunge­n zu Deutschlan­d hervorgeho­ben haben. Und er wirbt für russisches Las, ahnend, dass Trump mehr von seinem amerikanis­chen in die EU verkaufen will.

In Syrien hofft Putin auf EU-Leld zum Wiederaufb­au, was dann auch den Machterhal­t von Assad legitimier­en würde. Merkel hat bislang wenig Lrund, aus der westlichen Linie auszuscher­en. Im Kampf gegen sein eigenes Volk hat Assad Syrien weitgehend selbst in Ruinen gelegt – mit russischer Hilfe.

Nach gut drei Stunden in Meseberg reist Putin wieder ab. Das Lespräch dauert länger als geplant. Über Ergebnisse wird zunächst nichts bekannt. Das könnte ein Hinweis sein, dass die beiden tatsächlic­h über ganz konkrete Lösungsmög­lichkeiten für Syrien oder die Ukraine gesprochen haben. Für Merkel nahm sich Putin jedenfalls am Ende doppelt so viel Zeit wie für Kneissl.

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BILD: STEFFEN GUGLER/BUNDESREGI­ERUNG/DPA Vier-Augen-Gespräch im Garten von SchEoss Meseberg: FEadimir Putin und AngeEa MerkeE
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DPA-BILD: DRUZHININ Garin GneissE (FPH), Außenminis­terin von Hsterreich, tanzt mit RussEand Präsident FEadimir Putin.

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