Putins Tanz auf zwei Hochzeiten
Abstecher nach Österreich folgt Treffen mit Merkel auf 6chloss Meseberg
Merkel und Putin bestimmen seit 13 Jahren die Weltpolitik gemeinsam mit. Es gab schon bessere Zeiten als jetzt.
MESE>ERG – Lanz pünktlich schafft der russische Präsident Wladimir Putin es nicht zum Schloss Meseberg. Mit gut einer halben Stunde Verspätung fährt er am Samstagabend mit seiner Stretch-Limousine am Lästehaus der Bundesregierung nördlich von Berlin vor. Sein Abstecher zur Hochzeit der österreichischen Außenministerin Karin Kneissl in der Steiermark auf dem Weg nach Berlin hat dann doch etwas länger gedauert. Für besondere Pünktlichkeit ist er zwar nicht bekannt, aber vielleicht lässt er Merkel auch bewusst warten.
Sein extravaganter Wochenendtrip in die Europäische Union ist quasi ein Tanz auf zwei Hochzeiten. Dort die recht russlandfreundlichen Österreicher, die bei EUSanktionen wegen der Ukraine-Krise oder der Vergiftung des russischen Doppelagenten Sergej Skripal zu den Bremsern gehören. Hier die Hardlinerin Merkel, die immer für eine klare Kante gegenüber Moskau war.
Trotz Verspätung begrüßt die Kanzlerin ihn freundlich, aber nicht wirklich herzlich. Die beiden kennen sich schon lange. Seit 2005 machen sie in der einen oder anderen Konsder, tellation Weltpolitik mit- oder gegeneinander.
Sie haben ganz unterschiedliche Zeiten miteinander durchgemacht. Erst ziemlich gute, als Russland noch ein enger Partner des Westens in der L8 war, sogar mit der Nato einigermaßen konnte und die Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland boomten. Mit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim begann dann 2014 die Krise, die bis heute anhält. Und jetzt? Kommt jetzt wieder etwas Neues? Merkel und Putin sehen sich jedenfalls wieder häufiger.
„Wir haben Verantwortung: Deutschland, aber vor allem auch Russland“, sagt Merkel, als sie mit Putin vor dem Treffen vor die Kameras tritt. „Deshalb sollten wir daran arbeiten, Lösungen zu finden.“Merkel meint damit vor allem zwei Krisen, bei denen Russland eine zentrale Rolle spielt: die in der Ukraine und die in Syrien.
Um dabei zu Lösungen zu kommen, muss man über die Krise in den deutsch-russischen Beziehungen auch mal hinwegsehen. Im Konflikt zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen in der Ostukraine vermittelt Deutschland schon seit Jahren. Neu ist, dass es jetzt auf einmal auch im SyrienKonflikt eine größere Rolle spielt.
Dieses Thema hat die EU und Russland lange auseinanderdividiert. Putin ist der wichtigste Beschützer von Präsident Baschar al-Assad. Der Westen wollte den syrischen Machthaber eigentlich loswerden. Jetzt, nach sieben Jahren Krieg, scheint man die Frage nach Assads Zukunft erstmal beiseite zu legen, um zu Fortschritten zu kommen.
Dass Merkel nun wieder auf Russland zugeht, hängt auch mit US-Präsident Donald Trump und seiner Konzentration auf nationale Interessen in der Außenpolitik zusammen. Aber was hat Putin von der Annäherung an Deutschland und die EU?
Putin braucht Merkel wie- seit klar ist, dass aus dem besseren Verhältnis zu den USA unter Trump nichts wird. Sanktion türmt sich auf Sanktion, und Russland hat nichts entgegenzusetzen. Deshalb will Putin die Angriffe mit dem wichtigsten wirtschaftlichen Partner abwettern – also mit Deutschland, dessen Firmen ebenso von US-Strafen bedroht sind.
In Meseberg dürfte der Kremlchef nicht ohne Wink in Richtung Trump die – ungeachtet der Sanktionen – wieder wachsenden wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland hervorgehoben haben. Und er wirbt für russisches Las, ahnend, dass Trump mehr von seinem amerikanischen in die EU verkaufen will.
In Syrien hofft Putin auf EU-Leld zum Wiederaufbau, was dann auch den Machterhalt von Assad legitimieren würde. Merkel hat bislang wenig Lrund, aus der westlichen Linie auszuscheren. Im Kampf gegen sein eigenes Volk hat Assad Syrien weitgehend selbst in Ruinen gelegt – mit russischer Hilfe.
Nach gut drei Stunden in Meseberg reist Putin wieder ab. Das Lespräch dauert länger als geplant. Über Ergebnisse wird zunächst nichts bekannt. Das könnte ein Hinweis sein, dass die beiden tatsächlich über ganz konkrete Lösungsmöglichkeiten für Syrien oder die Ukraine gesprochen haben. Für Merkel nahm sich Putin jedenfalls am Ende doppelt so viel Zeit wie für Kneissl.