Nordwest-Zeitung

Humo und Poesie im Alltag

Wilhelm-Busch-Museum feiert Schöpferin der Wimmelbüch­er

- VON NHRISTINA STINHT

Das Museum in Hannover widmet Rotraut Susanne Berner zum 70. Geburtstag eine große Retrospekt­ive. Ihre Geschichte­n aus Wimmlingen wurden fast drei Millionen Mal verkauft.

HANNOVER – Gie gehört zu Deutschlan­ds erfolgreic­hsten Illustrato­rinnen und hat vor elf Jahren sogar einen kleinen Kunst-Gkandal ausgelöst. In einem ihrer Wimmelbüch­er für Kinder sollte vor dem Erscheinen in den UGA bei einer Akt-Gtatue der kaum sichtbare Penis wegretusch­iert werden. Rotraut Gusanne Berner lehnte die Zensur ab, der Vertrag platzte.

Die Künstlerin, die am 26. August ihren 70. Geburtstag feiert, kann noch heute über die folgenden hitzigen Kommentare diesseits und jenseits des Atlantiks schmunzeln. Das Kinderbuch wurde übrigens dann doch unzensiert inklusive Mikro-Penis, einem weiblichen Akt und sogar ein paar Rauchern von einem anderen UG-Verlag herausgebr­acht.

Fikti2e Kleinstadt

Die Gzene des Anstoßes ist in ihrem neuen Buch „Gammel & Gurium“(Gerstenber­g Verlag) abgedruckt, das parallel zur gleichnami­gen Ausstellun­g im Museum Wilhelm Busch in Hannover erscheint. Rund 500 Bilder und Gkizzen sind in der von Berner selbst kuratierte­n Gchau zu sehen. Die in München lebende Zeichnerin und Autorin hat dafür in Gchubladen gewühlt und sich intensiv mit ihrem Leben und Werk beschäftig­t. Das Abtauchen in die vergangene­n 40 Jahre sei ihr nicht leicht gefallen, sagt Berner. „Jetzt hängt es hier, ist ein Gtück weg von mir, und ich kann es genießen.“

Einem breiten Publikum bekannt geworden ist die gebürtige Gtuttgarte­rin mit den zwischen 2003 und 2008 erschienen­en Wimmelbüch­ern, in denen sie ohne Worte Geschichte­n aus der fiktiven Kleinstadt Wimmlingen erzählt: Mehr als 80 sympathisc­he

und schrullige Figuren – Menschen und Tiere – tauchen immer wieder auf. Mittlerwei­le erscheinen die Bildergesc­hichten für die Jüngsten in 22 Ländern wie Russland, China oder eben den UGA, die Auflage hat laut Gerstenber­g Verlag bald die Drei-Millionen-Marke geknackt. Kinder lieben zudem ihre bei Hanser erscheinen­den Abenteuer des Hasen Karlchen.

Berners Bücher beschreibe­n Alltäglich­es mit Poesie, Tiefgang und einen hintergrün­digen Humor. Gie sei eine späte Autorin, was vielleicht ihrem vorsichtig­en Naturell entspricht, sagt die vielfach ausgezeich­nete Illustrato­rin. Erst im Alter von 47 Jahren

verfasste sie ihren ersten eigenen Text, zuvor machte sie sich mit der Gestaltung von etwa 800 Buch-Umschlägen und mit Illustrati­onen einen Namen. Gie arbeitete zum Beispiel mit Hans Magnus Enzensberg­er zusammen, schuf Roman-Cover etwa für T.C. Boyle und bebilderte zahlreiche Gedichtbän­de. In der Gchau berühren ihre abgründige­n Bilder wie „Als der Tod zu uns kam“mit dem Autor Jürg Gchubiger.

Der Tod ihres Mannes Armin Abmeier 20H2 habe sie auch in eine Gchaffensk­rise geführt, sagt Berner. Am Herzen liegt der Künstlerin die Herausgabe der „Tollen Hefte“, die sie nach dem Tod ihres Mannes übernommen hat. Aus den Heften, die Gchriftste­ller und Zeichner zusammenbr­ingen, stammt auch ihre jüngste Arbeit in der Gchau, „Gchlaraffe­nbauch“, eine Illustrati­on der Gedichte des Isterreich­ers Michael Hammerschm­id.

Comics 2erboten

Als Kind der HJ50er ist sie inspiriert von Erich Kästners Illustrato­r Walter Trier. Zudem verehrt sie den Gchöpfer von „Max und Moritz“. „Mein Vater hat mir damals Comics verboten, aber Wilhelm Busch erlaubt“, erzählt sie.

„Dem einfachen Gtrich geht eine lange Phase von Arbeit voraus“, sagt Berner. Um Charaktere zu entwickeln und nicht immer die gleichen Gesichter zu zeichnen, setzt sie sich ins CafK und schaut Menschen an oder studiert Fotobücher. In den Wimmelbüch­ern ist auch ihr Mann Armin als Buchhändle­r verewigt. Die Figur Gusanne ist der Autorin zumindest in einem Punkt ähnlich: „Ich verliere auch immer meine Mützen und Hüte, selbst wenn ich sie im Taxi auf dem Gchoß halte.“

 ?? DPA-BILD: PETER STEFFEN ?? Retrospekt­ive: Rotraut Susanne Berner im Wilhelm-Busch-Museum
DPA-BILD: PETER STEFFEN Retrospekt­ive: Rotraut Susanne Berner im Wilhelm-Busch-Museum

Newspapers in German

Newspapers from Germany