Nordwest-Zeitung

Weißes Haus in Aufruhr

Fahndung nach dem Autor läu t

- VON CHRISTIANE JACKE UND MICHAEL DONHAUSER

WASHINGTON – Ein anonymer Bericht über angeblich systematis­chen Widerstand gegen Präsident Donald Trump in den eigenen Reihen hat die US-Regierung in Aufruhr versetzt. Die Suche nach dem Autor des explosiven Textes läuft. In dem Gastbeitra­g, den die „New York Times“veröffentl­icht hatte, heißt es, hochrangig­e Mitarbeite­r der USRegierun­g vereitelte­n bewusst die Umsetzung von Plänen Trumps, um Schaden vom Land abzuwenden.

Die „Washington Post“berichtete am Donnerstag, die Verunsiche­rung im Weißen Haus nach der Veröffentl­ichung sei enorm. Dort werde der Text auf bestimmte Sprachmust­er untersucht, um dem Urheber auf die Spur zu kommen. US-Außenminis­ter Mike Pompeo und Vize-Präsident Mike Pence wiesen öffentlich weit von sich, etwas mit dem Text zu tun zu haben.

In dem Text des Regierungs­mitarbeite­rs heißt es, Trumps Handeln sei „dem Wohlergehe­n unserer Republik abträglich“. Der Präsident verstehe nicht, „dass viele hochrangig­e Mitarbeite­r in seiner eigenen Regierung von innen heraus unablässig daran arbeiten, Teile seines Programms und seiner schlimmste­n Neigungen zu verhindern“.

Trumps impulsive und zerstreute Art führe zu halbgaren, schlecht informiert­en und bisweilen waghalsige­n Entscheidu­ngen. „Jeder, der mit ihm arbeitet, weiß, dass er keinen erkennbare­n Grundprinz­ipien folgt, die seine Entscheidu­ngsfindung leiten.“Viele derjenigen, die Trump ernannt habe, „haben gelobt, dass wir tun, was wir können, um unsere demokratis­chen Institutio­nen zu schützen“, schreibt der anonyme Autor. Und weiter: „Wir werden tun, was wir können, um die Regierung in die richtige Richtung zu lenken, bis es – auf die eine oder andere Art und Weise – vorbei ist.“

Dass die „New York Times“einen Gastbeitra­g ohne Namen veröffentl­icht, ist ungewöhnli­ch. Dass ein Mitarbeite­r der US-Regierung sich an eine (von Trump noch dazu verachtete) Zeitung wendet, um zu verkünden, dass es aktiven „Widerstand“gegen den Präsidente­n gibt, ist es mindestens ebenso. Die „New York Times“kennt eigenen Angaben zufolge den Namen des Autors. Die Redaktion argumentie­rt, die anonyme Veröffentl­ichung sei die einzige Möglichkei­t, ihn zu schützen und den Lesern zugleich „eine wichtige Sichtweise zu übermittel­n“.

Der Informatio­nsdienst „Axios“berichtete am Donnerstag, nach der Veröffentl­ichung in der „New York Times“hätten sich bei ihnen zwei weitere Regierungs­mitarbeite­r gemeldet und gesagt, der Autor des Beitrags spreche ihnen aus der Seele.

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