Richter pochen auf Einhaltung der Grenzwerte
Urteil des Wiesbadener Verwaltungsgerichts stellt Politik vor schwierige Entscheidung
WIESBADEN/FRANKFURT – Tausende Dieselfahrer dürften nach dem Urteil des Wiesbadener Verwaltungsgerichts mit gemischten Gefühlen in die Zukunft blicken. Wichtige Fragen zu dem Verfahren und zum Urteil:
Worum ging es bei der Verhandlung
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat das Land Hessen wegen nicht eingehaltener EU-Grenzwerte für den Abgas-Schadstoff Stickoxid in vier hessischen Städten verklagt. Das erste Verfahren hierzu drehte sich am Mittwoch um die Situation in Frankfurt. Konkret wurde über den Luftreinhalteplan und die dort vorgesehenen Maßnahmen geurteilt.
Was muss der Reinhalteplan bewirken
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? Um Fahrverbote zu verhindern, muss der Plan dafür sorgen, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) auf Dauer und sicher eingehalten werden. Das betonte der Richter noch mal in seiner Urteilsbegründung. Der erlaubte Wert liegt bei 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Laut dem Umweltbundesamt betrug der Jahresmittelwert 2017 an den Messstellen in Frankfurt aber 47 Mikrogramm.
Worum ging es in der Verhandlung genau
Überwiegend wurde über das Für und Wider ganz verschiedener Maßnahmen diskutiert, mit denen die Luft sauberer werden könnte. Das reichte von Begünstigungen für Lastenfahrräder bis hin zu Fahrzeug-Software. Als letzter Punkt kam das Dieselfahrverbot zur Sprache.
Wo in Deutschland gibt es bereits Fahrverbote
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? Als bundesweit erste Stadt hat Hamburg Einschränkungen für ältere Dieselautos in Kraft gesetzt – allerdings nur auf vergleichsweise kurzen Streckenabschnitten. Fahrzeuge, die nicht der Euro-6-Norm entsprechen, dürfen zwei besonders belastete Straßen der Hansestadt schon seit Ende Mai nicht mehr befahren. Ab dem Jahresbeginn 2019 soll es auch in Stuttgart Fahrverbote für ältere Diesel geben.
Wie stellt sich Frankfurt auf ein Fahrverbot ein
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Die Kommune sieht grundsätzlich zuerst das Land in der Pflicht – Beklagte sei nicht die Stadt Frankfurt, sondern es gehe um den Luftreinhalteplan des Landes. „Wenn das Land Hessen die Klage verliert, muss das Land Hessen sich Gedanken machen, ob es Fahrverbote in Frankfurt einführt“, hatte Verkehrsdezernent Klaus Oesterling (SPD) wenige Tage vor der Verhandlung erklärt. Das Verbot umzusetzen, wäre „ein riesiger bürokratischer Aufwand“. Was schlägt Frankfurt als Gegenmaßnahme vor
Die Grenzwerte seien in der Stadt im vergangenen Jahr auf 114 Straßen überschritten worden, hatte die Stadt erklärt. Um gegenzusteuern, will die Mainmetropole unter anderem bei Bussen und beim städtischen Fuhrpark auf E-Mobilität umsteigen und die Fahrradwege ausbauen.
Wie wird ein Fahrverbot kontrolliert ?
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Hier steht die Stadt vor einem Problem. Für eine – beispielsweise blaue – Plakette gibt es keine Rechtsgrundlage. „Wir können ja nicht jeden rauswinken und uns die Kraftfahrzeug-Papiere zeigen lassen“, sagt Oesterling. In Hamburg wird es allerdings so gemacht: Die Polizei schaut sich die Papiere der Autofahrer bei Großkontrollen, aber auch während der normalen Streife an. In den ersten Monaten nach Einführung des Verbots verteilten die Beamten mehrere Hundert Knöllchen.
Will die DUH Hessen weitere Klagen einreichen
Das hält sich die Umweltschutzorganisation offen, wie Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung der DUH, sagt. Ihrer Auskunft nach sind die Grenzwerte 2017 in zahlreichen Städten in ganz Deutschland überschritten worden, weswegen es gut sein könne, dass auch in Hessen weitere Klagen folgten.
Warum ist das Gericht in Wiesbaden zuständig
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Weil der Erlass oder die Fortschreibung eines Luftreinhalteplans in Hessen Ländersache ist, wird über Frankfurt, Darmstadt und Offenbach am Verwaltungsgericht Wiesbaden verhandelt. Denn in der hessischen Landeshauptstadt hat auch das Umweltministerium des Landes seinen Sitz.