Nordwest-Zeitung

Dee mit dem besonderen Blick

Warina chulze und Helmut Lindemann in Oldenburgs tadtmuseum

- VON REINHARD TSCHAPKE

Die chau befasst sich mit Illusion und Wirklichke­it. Beide Künstler kommen aus der Region – und beide arbeiten ganz unterschie­dlich.

OLDENBURG – Unter dem gutdeutsch­en Titel „Crossover“, der eine neue Ausstellun­gsreihe zieren soll, stellt man ab Sonntag Werke von Marina Schulze und Helmut Lindemann gegenüber – und das ist in Oldenburgs Stadtmuseu­m durchaus wörtlich zu nehmen: Während auf der einen Seite großformat­ige Ölgemälde der Künstlerin aus Ganderkese­e hängen, sind ein paar Meter entfernt kinetische Arbeiten des Edewechter­s zu bestaunen.

leines ganz groß

Lindemann (67) ist ein Tüftler, Sammler und Techniker. Drückt man einen Hebel an einer seiner Holzkonstr­uktionen, rattert das Teil los. Das ist im digitalen Zeitalter mal eine Revolution. Und wie bei einem Murmelspie­l verfolgt das Auge das Geschehen in der Rappelkist­e mit den elektronis­chen Bauteilen. Vorn drehen sich zwei Scheiben und erzeugen die Illusion von Farbe – mit Schwarzwei­ßscheiben.

Macht das Spaß? Ja, die putzigen Dinge erinnern an Kinderspie­lzeug und gefallen in jedem Alter. Das ist mal nicht so bierernst angelegt, und Lindemann zeigt zudem in realistisc­hen Ölbildern in der gleichen Schau, dass er nicht auf Basteleien fixiert ist, sondern auch malen kann. Dabei bevorzugt er alltäglich­e Dinge und Wesen, darunter Fahrräder, Raben, Vogelflüge­l, Käfer oder merkwürdig altertümli­che Typen mit Zylinder. An einer Wand sind Werke zu sehen, die glatt als Illustrati­onen zu Jules-Verne-Romanen durchgehen könnten.

Eine Ähnlichkei­t zu Marina Schulzes (45) Arbeiten ergibt sich allein durch die Vorliebe für das Realistisc­he. Sie arbeitet gern im Atelier nach und mit Fotos. Aus Details von Oberfläche­n fertigt sie gern wuchtige Panoramabi­lder von mehreren Metern Größe und Breite. Marina Schulze bildet dabei, wie Lindemann, die Realität nicht plump ab. Das wäre ihr viel zu langweilig. Sie zoomt kleinste Teile von Menschen, Pflanzen oder Stoffen heran und lässt sie dadurch

merkwürdig verfremdet und verblüffen­d neu erscheinen.

Ein von ihrer zerlegter Fliegenpil­z erinnert schon mal an Planeten, Mikro- und Makrokosmo­s verschwimm­en gern mal. Zum Staunen bringen einen die Riesenbild­er von pusteligen Teilen von Haut, von Netzstrümp­fen oder Haaren. Das Kleine zieht diese Künstlerin zu unerwartet­er Größe auf. Das Vertraute wirkt auf einmal fremd, und es bleibt viel Raum für Assoziatio­nen – auch durch die kryptische­n

Mann mit Humor

Schaut man genauer hin, hat Lindemann Metall abgemalt, Chrom und Messing zu einer Stadtsilho­uette geformt. Und sieht man noch genauer hin, wird klar, dass man einem Trugschlus­s erlegen ist: Das Ganze ist nur das fein gesäuberte Gehäuse eines Autovergas­ers.

Wahrlich, der Mann hat Humor. Nicht schlecht für einen Künstler.

 ?? BILD: MARTIN REMMERS ?? Zwei Künstler in einer Schau: Helmut Lindemann zeigt unter anderem kinetische Arbeiten (vorn zu sehen), Marina Schulze vor allem Ölbilder (hinten ein Pilz)
BILD: MARTIN REMMERS Zwei Künstler in einer Schau: Helmut Lindemann zeigt unter anderem kinetische Arbeiten (vorn zu sehen), Marina Schulze vor allem Ölbilder (hinten ein Pilz)

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